Verflixte Aufführung mit den Theatervagabunden
Fabienne Gnos
In Zeiten von Netflix, Fernsehen und Dauerbeschallung durch soziale Medien wird der klassische Theaterbesuch hinten angestellt und kommt oft zu kurz. Dabei hat das Theater etwas ganz Besonderes: Es ist live, unmittelbar und voller Emotionen und Überraschungen.
Stück lebt von Echtheit
Dieses Wochenende besteht die Möglichkeit, genau dies zu erleben. Und das ganz in der Nähe: In Tuggen. Ein Lustspiel in drei Akten auf Schweizerdeutsch sorgt für beste Unterhaltung. Sieben Schauspielerinnen und Schauspieler, allesamt Laien, welche sich in ihrer Freizeit mit Hingabe, Herz und Humor dem Theater gewidmet haben, zeigten, womit sie sich in den vergangenen Monaten beschäftigten. Kleine Versprecher und charmante Aussetzer machten das Stück lebendig und menschlich und erinnerte das Publikum, dass nichts im Leben perfekt sein muss – sondern menschlich. Theater muss keine makellose Inszenierung sein. Im Gegenteil: Es soll von Echtheit leben – und genau deshalb ist es so berührend.
Das Stück «Das Corpus verflixti» wurde von Laura Bacher geschrieben und von Walter Reichmuth, Regisseur und Präsident des Vereins Theatervagabunden Tuggen, ausgewählt. «Ich achte darauf, dass es Bauernstücke sind, bei denen das Publikum lachen kann – und es nächstes Jahr wieder kommt», erklärt er. Besonders ältere Stücke eignen sich dafür am besten – man muss allerdings auch ein wenig Glück bei der Stückauswahl haben. Die Handlung? Eine Mischung aus Eifersucht und Uneinigkeit, mit jeder Menge an Geschwätz und einer ordentlichen Portion Chaos. Im Hause Bircher geht es drunter und drüber und das Publikum kommt aus dem Lachen kaum heraus. Trotz – oder gerade we-gen – den überspitzten Szenen bleibt das Ganze nah an der Realität. Denn wer kennt sie nicht, diese Momente, in denen alles schiefläuft? Auch das ist zutiefst menschlich.
Theaterspielen ist eine Kunst
Theatervagabunden im wahrsten Sinne des Wortes: 1989 wurde der Verein gegründet und trat mit kleinen Sketchen bei anderen Theateraufführungen auf oder halfen bei diesen aus – bis sie dann in den 90er Jahren in Tuggen sesshaft wurden und dort jährlich ihre eigenen Theaterstücke vorführten. Bereits online war zu sehen, dass die Aula gut besetzt sein würde. «Obwohl wir aufgrund einer fünfjährigen Pause etwas länger nicht aufgetreten sind, waren viele Leute da. Das freut mich natürlich sehr.» Es sind alle willkommen – nicht nur im Publikum, sondern auch auf der Bühne.
Von Mitte Januar bis zur Vorführungswoche nach Ostern probt die Gruppe zweimal pro Woche im Hirschen-Saal in Tuggen.
«Die Woche mit den vier Aufführungen ist intensiv. Aber es ist schön, die Leute in ihrem Element zu sehen. Die Leidenschaft, die Freude, das Zusammenspiel: Sie blühen richtig auf.» Theaterspielen ist eine Kunst. Es braucht Mut, Einsatz und Herzblut. Es braucht so viel mehr, als einfach nur den Fernseher anzuschalten. Es braucht Menschlichkeit. Und genau das macht einen Abend im Theater so besonders.
Am vergangenen Mittwochabend standen die Theatervagabunden Tuggen auf der Bühne. Wer die erste Aufführung verpasst hat, muss sich keine Sorgen machen: Ihre Aufführungen finden auch noch diesen Freitag und Samstag statt.