Erstes norwegisches Team im Europacup-Halbfinal
FK Bodö/Glimt, ein Klub aus einer 50'000-Einwohner-Stadt ganz hoch im Norden, hat ein Stück norwegische Fussball-Geschichte geschrieben. Nun geht es gegen Tottenham.
Kurz vor Mitternacht gab es im Stadio Olimpico von Rom kein Halten mehr. Als ein gewisser Nikita Haikin im Tor des krassen Aussenseiters Bodö/Glimt den zweiten Penalty von Lazio Rom parierte, war das norwegische Fussballwunder perfekt. Der kleine Klub nördlich des Polarkreises schaffte es als erste Fussballmannschaft der Wintersportnation in ein europäisches Halbfinal.
In ihren leuchtend gelben Trikots sprangen die Spieler nach dem 3:2-Sieg im Penaltyschiessen ausgelassen über den Rasen. Vor der kleinen Fangemeinde wurden Erinnerungsfotos für die Ewigkeit geschossen. «Ein grossartiges Stück norwegischer Fussballgeschichte. Die europäischen Teams fallen wie die Fliegen, und jetzt setzt nur noch die Vorstellungskraft die Grenzen», schrieb die norwegische Zeitung «Aftenposten».
Bodös Heimstärke ist auch in der Schweiz bekannt
Im Halbfinal der Europa League trifft Bodö/Glimt nun auf den Premier-League-Klub Tottenham Hotspur, der am Donnerstag Bundesligist Eintracht Frankfurt ausgeschaltet hatte. Und die Engländer müssen sich warm anziehen. Gespielt wird wegen der Kälte auf Kunstrasen. Vor dem Hinspiel gegen die Römer hatte es so viel geschneit, dass der Platz nur mit vielen Helfern geräumt werden konnte.
Entsprechend ist das Aspmyra Stadion mit seinen 8270 Plätzen ein Riesenvorteil. 30 der letzten 37 Europacupspiele wurden dort gewonnen. Das bekamen vor Lazio schon frühere Europacupsieger wie der FC Porto oder die AS Roma sowie zwei Schweizer Klubs zu spüren. Zürich (Europa League) kehrte 2022 ebenso ohne Punkte aus Norwegen zurück wie ein Jahr später Lugano (Conference League).
«Dann wurden wir zu einer unglaublichen Mannschaft»
In Rom war aber pure Willenskraft gefragt. Beim Stand von 0:3 in der Verlängerung schien das Aus bereits besiegelt, doch Andreas Helmersen rettete das Team noch ins Penaltyschiessen. Dort wurde Haikin zum grossen Helden. Der 29-Jährige wurde einst in Israel geboren, zog in jungen Jahren nach Russland weiter und lebte dann als Teenager in England. Er besitzt bereits drei verschiedene Pässe und könnte bald norwegischer Staatsbürger werden. Er ist mit einer Norwegerin liiert.
«Diese Mannschaft ist aus Spielern aufgebaut, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht so gut waren, und dann wurden wir zu einer unglaublich guten Mannschaft», sagte Trainer Kjetil Knutsen, der seit 2018 Trainer in Bodö ist und den Verein in den vergangenen fünf Jahren zu den ersten vier Meisterschaftstiteln geführt hat. «Es ist so verdammt grossartig für Glimt und den norwegischen Fussball. Wenn wir es schaffen, können es auch andere schaffen.»