Wegen Umweltverbänden müssen Sportbahnen Atzmännig über Bücher
Fabio Wyss
Wer durch Hintergoldingen fährt, fühlt sich nicht gerade am Nabel der Welt. Wer noch etwas weiter fährt, erreicht aber immerhin eine der innovativsten Sportbahnen des Landes – den Atzmännig. Hier entstand vor knapp einem halben Jahrhundert die erste Rodelbahn der Schweiz. Unter anderem diese soll nun erneuert werden. «Generationenprojekt » nennen die Sportbahnen das bis zu 20 Millionen Franken teure Vorhaben. Und dieses gerät gerade ins Stocken. Vor einem Jahr muss-ten die Sportbahnen hinnehmen, dass der Kanton St. Gallen für ihr Projekt einen Sondernutzungsplan verlangt. Mittlerweile ist dazu eine Mitwirkung durchgeführt worden. In dieser regte sich Widerstand – und zwar von namhaften Organisationen.
Uns liegen Stellungnahmen von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) und dem Verkehrsclub der Schweiz (VCS), Sektion St. Gallen-Appenzell, vor. Zudem haben wir Kenntnis von weiteren bekannten Umweltverbänden, die das Mitwirkungsverfahren offenbar kritisch begleiten.
Atzmännig-Bergstation verschieben
«Aus unserer Sicht sind besonders die Lage und die Gestaltung der Bergstation für die Wirkung auf die Landschaft entscheidend», schreibt SL. Vor allem die Nähe zum geschützten Gebiet bei der Chrüzegg alarmiert die Naturschützer. Die Region nördlich vom Atzmännig gehört dem Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) an. Und zählt somit zu den wertvollsten Landschaften der Schweiz. «Aus Rücksicht auf diese einmalige und geschützte Landschaft gilt es, die Berg-station so sensibel und zurückhaltend wie möglich zu setzen und zu gestalten», hält die Stiftung fest. Denn das BLN-Gebiet würde wegen der «grossen Fernwirkung visuell tangiert ». SL empfiehlt den Sportbahnen, die Bergstation talwärts zu verschieben: rund 6 Meter weiter nach unten und 24 Meter weiter nach Westen. Damit würde der Standort ausserhalb des Geotopschutzgebietes zu liegen kommen. «Gleichzeitig bleibt auf der Geländekrete mehr Raum für Aufenthalt und Erholung.» Die gewünschte «landschaftsverträglichere» Bergstation könnte beispielsweise mit einer verwitterbaren Holzverschalung versehen werden.
Dazu macht die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz Anschauungsunterricht: «Unweit des Atzmännig zeigt die Infrastruktur der Bergbahnen Toggenburg, wie der Bergtourismus landschaftsverträglich und zur Freude der Besucherinnen und Besucher umgesetzt werden kann», schreibt die SL. Damit gemeint ist der Chäserrugg mit Bauten von den Stararchitekten Herzog und de Meuron. Seitens der Stiftung wurde sie 2021 zur schweizweiten «Landschaft des Jahres» ausgezeichnet. «Wir möchten Ihnen empfehlen, die Anlagen am Atzmännig in dieselbe Richtung zu entwickeln.» Abgesehen davon moniert die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, dass die Planungsgrundlagen nicht genügen würden, um das Vorhaben fundiert zu beurteilen. Und wünscht sich einen Architektur-Wettbewerb. Auf der Liste weiterer Wünsche finden sich auch gewisse Gemeinsamkeiten mit der Stellungnahme vom VCS.
Begrünt statt geteert
Der VCS äussert vor allem Anliegen zur Mobilität. Etwa: «Beim genauen Hinschauen im Atzmännig erkennen wir ein riesiges Angebot von rund 1200 Parkplätzen, wovon die Hälfte der Parkfläche mit Teer versiegelt ist. Im krassen Gegensatz dazu gibt es im ÖV nur eine ungedeckte Bushaltestelle, welche ganz ohne Haltekante und Behindertengerechtigkeit auskommen muss.» Der VCS fordert nachhaltigere Lösungen, mehr Bäume und Pflanzen und eine Entsiegelung der Asphaltfläche. Das Gleiche fordert die Stiftung Landschaftschutz Schweiz bei der Talstation (siehe Visualisierung). Der VCS betont aber, dass er den Atzmännig als wichtiges Freizeitziel betrachtet. «Es ist seitens VCS absolut wünschbar, dass weiterhin viele Menschen auf der Suche nach frischer Luft, Natur und Sonne in den Atzmännig strömen können, statt einzig für den Erholungszweck grössere Distanzen zurückzulegen. »
Wie weiter – und wann?
Wie viele Eingaben in der Mitwirkung gemacht wurden, bleibt unklar. Auf Nachfrage schreibt die Gemeinde Eschenbach: «Da es sich hier um ein laufendes Verfahren handelt, können wir aktuell dazu leider keine Auskunft geben.» Nun werde betreffend Mitwirkung das weitere Vorgehen bestimmt. Gleichzeitig läuft die kantonale Vorprüfung. Auch Sportbahnen-Geschäftsführer Roger Meier will sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht äussern. Früher sagte er gegenüber der «Linth-Zeitung»: «Wir bauen den Atzmännig neu» (was alles vorgesehen ist, siehe Box). Im Idealfall könne 2027 die Einweihung stattfinden. Ob das jetzt noch realistisch ist, bleibt fraglich. Der VCS erwähnt in seinem Schreiben, dass der aktuelle Projektstand zu Einsprachen führen wird.
Die Sportbahnen Atzmännig stossen mit ihrem «Generationenprojekt» auf Kritik. Namhafte Organisationen wehren sich gegen die Pläne. Und verzögern den «Umbau des Atzmännig».