Kinderparlament deutlich für Schulnoten und Frühfranzösisch
Eugen von Arb
Für einmal waren am Mittwochnachmittag die hehren Säle des Schwyzer Rathauses von Kinderstimmen erfüllt. Anstelle ernster Kantonsund Regierungsräte sassen muntere Mädchen und Buben aus den Schwyzer Schulen (4. bis 6. Klasse) in den Rängen des Ratssaals. Wie bei den Sitzungen der Erwachsenen begann auch die Kindersession mit dem Glockenklang und der Begrüssungsrede des Ratspräsidenten Leonardo Dorling aus Alpthal.
Wie die Schülerinnen und Schüler zuvor beschlossen hatten, wurden an der Session die beiden Themenschwerpunkte Mobbing und Gewalt an Schulen behandelt. Nachdem sich alle Abgeordneten kurz vorgestellt hatten, führte die Schulsozialarbeiterin Renate Theiler (Sek eins Höfe Wollerau) mit einem kurzen Referat und einem Film in das Thema «Mobbing » ein. Darin ging es in erster Linie darum, das Phänomen zu beschreiben und abzugrenzen.
Im Gegensatz zu einmaligen Auseinandersetzungen im Schulalltag spricht man von Mobbing, wenn jemand über längere Zeit absichtlich und immer wieder geärgert, ausgeschlossen oder schlecht behandelt wird – sei es durch körperliche Gewalt oder verbale Erniedrigung oder gar Cybermobbing. Dabei sprach Renate Theiler auch das Rollenverhalten an und versuchte den Kindern bewusst zu machen, dass das Verhalten in der Gruppe beim Mobbing eine besondere Rolle spielt. Neben den Täterinnen oder Tätern hängt es stark vom Verhalten der übrigen Klasse ab, ob und in welcher Form Mobbing zustande kommt und ob sich jemand für das Opfer einsetzt.
Gruppenarbeit mit Kantonsräten
In Gruppen aufgeteilt, verteilten sich die Kinder und diskutierten gemeinsam mit den vier anwesenden Kantonsrätinnen und Kantonsräten darüber, wie Mobbing entsteht und wie es vermieden oder bekämpft werden kann. Die Ergebnisse wurden auf ein Plakat geschrieben und anschliessend im Ratssaal präsentiert und diskutiert. Dabei kam zum Beispiel zur Sprache, dass mobbende Kinder oft versuchen, ihre eigenen Probleme zu überspielen und dass Mobbing-Opfer häufig Opfer «falscher Freundschaften » werden. Diskutiert wurde auch darüber, wie schwierig es ist, dagegen anzugehen, weil Kinder, die sich für Mobbing-Opfer einsetzen, oft selbst angegriffen werden. Dennoch war man sich einig, dass Solidarität anstelle von Passivität eine wichtige Rolle spielt, weil Mobber kaum gegen eine Gruppe vorgehen, die sich entschlossen für ein Opfer einsetzt. In ähnlicher Weise wurde auch das Thema Gewalt auf dem Pausenplatz behandelt.
Pausenaufsicht durch Lehrpersonen erwünscht
Bei beiden Themen kam die Rolle der Lehrpersonen zur Sprache, von denen sich die Kinder Offenheit und Verständnis wünschen. Besonders diskutiert wurde die Pausenaufsicht, die an gewissen Schulen nicht durch Lehrpersonen, sondern durch Schüler geführt wird. Dabei war man sich einig, dass eine Aufsicht durch Lehrpersonen helfen würde, die Situation zu verbessern.
Zwei erstaunliche Entscheide
Neben den beiden Schwerpunkten ka-men noch zwei weitere aktuelle Themen aufs Tapet: die Benotung und das Frühfranzösisch. So sprachen sich die jugendlichen Abgeordneten dafür aus, dass sie anstelle einer Beschreibung oder mit Farben oder Smileys lieber durch klare Noten in Zahlen beurteilt werden möchten.
Bezüglich Frühfranzösisch, das momentan auch rege in der Erwachsenenpolitik diskutiert wird, fällte das Parlament einen erstaunlich deutlichen Entscheid: Man möchte den Französischunterricht in der Primarschule beibehalten. Damit die Voten auch wirklich in der Politik gehört werden, dafür müssen nun die anwesenden Kantonsparlamentarier sorgen.
Beteiligung aller Schwyzer Gemeinden angestrebt
Die Organisatorin des Kinderparlaments, Irene Thalmann vom Schwyzer Chindernetz, war sehr zufrieden über die engagierten Diskussionen der Kinder. Im Gegensatz zur letzten Session, nach der eine Petition für weniger Hausaufgaben eingereicht wurde, habe man diesmal bewusst auf einen Vorstoss verzichtet, meinte Thalmann. Die Beschlüsse des Kinderparlaments seien jedoch ein Auftrag an die erwachsenen Politiker, diese Bedürfnisse wahrzunehmen.
Für die kommende Herbstsession erhofft sich Irene Thalmann, dass dies-mal auch Kinder aus jenen Gemeinden im Kinderparlament vertreten sein werden, die sich bisher nicht da-ran beteiligten.
Das kantonale Schwyzer Kinderparlament ist schweizweit einmalig. Lediglich in Bern und Luzern gibt es Kinder-Stadtparlamente.
Das Schwyzer Kinderparlament beschäftigte sich an seiner Frühlingssession mit den Schwerpunkten Mobbing und Gewalt in der Schule und sprach sich deutlich für das Frühfranzösisch und für Noten statt Smileys aus.