«Wechsel von der Bank ins Soziale war richtig»
Seit einem Jahr ist Olivia Mächler Leiterin Geschäftsbereich Betrieb und Agogik sowie Stellvertretende CEO bei der BSZ Stiftung. Sie spricht über ihren Weg vom KV auf der Bank bis zur leitenden Position im sozialen Bereich.
Angela Suter
Olivia Mächler ist mit zwei Geschwistern in Wollerau aufgewachsen. Mit 14 zog die Familie ins Haus der Grosseltern ins Wägital und so besuchte sie die Sekundarschule in Siebnen. Danach absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung mit Berufsmaturität bei der Bank Linth. Bis 2012 war sie – vor allem am Schalter – für die Kundinnen und Kunden da. Sonja machte sie mit 22 zur Mutter. Mächler und ihr damaliger Mann hatten das klassische Rollenmodell getauscht, und so ging sie bald wieder hochprozentig arbeiten. 2007 vervollständigte Sohn Ivo die Familie.
2014 kam es zur Scheidung, das gemeinsame Sorgerecht blieb bestehen, aber die Kinder lebten rund fünf Jahre hauptsächlich beim Vater, er hatte das Obhutsrecht. «Das war eine sehr schwierige Zeit», erzählt Olivia Mächler. «Meine Kinder haben mir gefehlt, ich fühlte mich oft als Rabenmutter. Aber ich musste meinen Weg weitergehen. Ich wollte für sie etwas aufbauen, Stabilität schaffen, beruflich wie auch als Mutter.» Heute beurteilt sie die Situation mit Abstand. Sie habe früh erfahren, was Gleichberechtigung konkret bedeutet – nicht nur als Schlagwort. «Für meine Kinder wollte ich immer ein Vorbild sein. Dass sie heute mit beiden Beinen im Leben stehen, macht mich unglaublich stolz», ergänzt sie.
Vom Bankwesen ins Soziale
2012 schlug Olivia Mächler ein neues Kapitel auf – raus aus der Finanzwelt, rein ins Sozialwesen: Sie wechselte zur Stiftung Phönix nach Buttikon und übernahm die Assistenz der Geschäftsleitung. «Mir war klar: Die Bankenwelt passt nicht mehr zu mir.» Die erste Teamsitzung mit einer Befindlichkeitsrunde in der Phönix zeigte ihr gleich: Hier ticken die Uhren anders. Und sie hat gemerkt: «Das ist gut so. Ich bin zwar ein analytischer Zahlenmensch, aber bei der Stiftung Phönix konnte ich mit meinen Fähigkeiten auch etwas bewirken für Menschen. Und das macht die Arbeit im Sozialen für mich bis heute aus.» Sie stieg in der Stiftung zur Leiterin des zentralen Dienstes auf, war verantwortlich für viele verschiedene Aufgaben und wurde Mitglied in der Geschäftsleitung. Als der damalige Geschäftsleiter die Phönix verliess, konnte sie von 2017 bis 2021 die Co-Geschäftsleitung, dann die alleinige Leitung übernehmen: «Das war eine riesige Chance für mich als junge Frau!» In den zwölf Jahren bei der Phönix habe sie immer die Chance gehabt, sich weiterzuentwickeln.
Auch privat veränderte sich bei ihr etwas. Der Umzug nach Einsiedeln 2014 – der Liebe wegen – wurde zum Neustart. Auch wenn diese Partnerschaft nicht hielt, den Lebensmittelpunkt behielt sie bei und mittlerweile wohnen auch die beiden Kinder bei ihr im Klosterdorf. Olivia Mächler schwärmt von Einsiedeln: «Einsiedeln ist wie ein Mikrokosmos – es fehlt an nichts!»
Betriebswechsel nach zwölf Jahren
Beruflich pendelte Olivia Mächler jahrelang nach Buttikon. Seit einem Jahr geht es in die andere Richtung: nach Steinen. Denn sie konnte erneut einen Karriereschritt machen und bei der BSZ Stiftung die Leitung Geschäftsbereich Betrieb und Agogik sowie die Stellvertretende Geschäftsleitung übernehmen. «Bei der Phönix arbeiteten wir auch mit der BSZ zusammen. Als ich von der Stelle erfuhr, wurde ich neugierig», erinnert sich Mächler. Sie ist eine loyale Angestellte und tat sich schwer mit der Entscheidung, aber sie spürte, dass ihre Zeit bei der Phönix langsam zu Ende war. Der Wechsel in einen grösseren Betrieb wie die BSZ war die gesuchte Veränderung. «Bei der BSZ hat es gleich gepasst», sagt Mächler, und so kam es vor einem Jahr zum Wechsel.
Im vergangenen Jahr konnte sich die Powerfrau gut in den neuen Betrieb einarbeiten und ist mit Freude im neuen Job angekommen. Gleich zu Beginn stand das grosse Jubiläumsfest der BSZ auf dem Programm. «Da wurde mir noch mal bewusst, wie gross die BSZ ist und wie viel positive Energie hier drinsteckt. Das Umfeld war mir vertraut, aber die neuen Themen, wie die Arbeitsangebote, haben den Wechsel zusätzlich spannend gemacht.»
Führen mit Kopf und Herz
Sie hat in den vergangenen Monaten in viele Bereiche der BSZ Einblick erhalten – nicht nur aus der Distanz, sondern ganz praktisch. «Ich habe in der Betreuung Dienste unterstützt, in der Schreinerei mitgearbeitet oder auch in der Hauswirtschaft WCs geputzt», erzählt Olivia Mächler. «Mir ist es wich-tig, die Menschen, die hier arbeiten und leben, kennenzulernen.» Sie beschreibt sich selbst als lösungsorientierte und empathische Führungsperson. «Ich spreche gerne Klartext – aber nie ohne Gefühl. Mir ist wichtig, dass Menschen wissen, woran sie sind, ohne dabei an Wertschätzung zu verlieren.» Besonders im sozialen Bereich brauche es ein feines Gespür für Nähe und Distanz: «Das gelingt nur, wenn man sich selbst gut kennt und bereit ist, auch sich selbst zu hinterfragen.» Ihre Mitarbeitenden miteinzubeziehen, ist für sie zentral. Sie gibt bewusst Raum für Ideen und Eigenverantwortung, denn gemeinsam erreicht man immer mehr. «Führung bedeutet für mich nicht, vorneweg zu rennen, sondern gemeinsam unterwegs zu sein. Vertrauen ist dabei das Fundament.»
Lernen fürs Leben
Olivia Mächler zählt Stricken, Wandern und Puzzeln zu ihren Hobbys, ergänzt aber lachend: «Wenn Sie mich fragen, wann ich das alles zuletzt gemacht ha-be, ist das schon länger her …» Dafür lernt sie mit umso mehr Begeisterung. Seit der ersten Klasse liebt sie die Schule. «Ich möchte lernen, bewegen und erreichen.» Mächler bildete sich stets weiter und schloss verschiedene Fachausweise und Diplome ab.
Doch auch sie kam an ihre Grenzen und musste eine Pause akzeptieren, die sie sich selbst nie genommen hätte. Vor rund zehn Jahren geriet sie an einen Punkt, an dem nichts mehr ging: «Ich war vier Monate ausser Gefecht, meine Batterien waren leer.» Sie hatte es übertrieben mit ihrer Umtriebigkeit und dem inneren Drang, sich als junge Frau etwas beweisen zu müssen. Dieser Moment war wichtig in ihrem Leben. «Ich durfte lernen, mich besser wahrzunehmen, bewusster mit meinen Ressourcen umzugehen und klarer hinzuschauen. Vor allem aber habe ich gelernt, mich selbst besser zu verstehen und nachgiebiger mit mir zu sein.» Seither geht sie achtsamer durchs Leben, ohne ihren Elan zu verlieren. Ein Prinzip hat sich bewährt: «Wenn mich etwas ärgert, lege ich es 48 Stunden zur Seite. Oft hat es sich danach schon erledigt, oder ich sehe es gelassener.» Was sie antreibt? «Ganz klar: meine Familie. Alles, was in den letzten 20 Jahren passiert ist – die Höhen wie die Tiefen – hat mich und auch meine Kinder dorthin gebracht, wo wir heute stehen. Und darauf bin ich nicht nur stolz, sondern auch dankbar.» In zehn Jahren kann sich Olivia Mächler vorstellen, weiterhin Teil der BSZ Stiftung zu sein. «Wenn es noch immer so gut passt – warum nicht? Ich fühle mich hier am richtigen Ort, kann gestalten, wirken und Verantwortung übernehmen.» Daneben würde sie auch gerne ihre Dozententätigkeit weiter ausbauen. Und da die Kinder bis dann wohl ausgezogen sind, hätte sie auch etwas mehr Zeit dafür.
«Ich spreche gerne Klartext – aber nie ohne Gefühl.»