Vom St. Galler Kantonsgericht kommts für ein Ehepaar knüppeldick
Christine Schibschid
Angespannt wirkte der Angeklagte vergangene Woche an der Verhandlung am Kantonsgericht. Zeitweise verbarg er seine Augen hinter seinen Händen, sprach mit gebrochener Stimme. Er fände es «zum Kotzen», wenn er eine lange Haftstrafe für etwas absitzen müsse, das er nicht getan habe, sagte er auf Nachfrage des Richters. Gewissheit gab es für ihn am Verhandlungstag nicht mehr. Das Gericht fällte das Urteil erst später. Nun hat es seinen Schuldspruch der Öffentlichkeit bekannt gegeben. Dem gesundheitlich schwer angeschlagenen Angeklagten dürfte es die Schuhe ausziehen.
Haftstrafe und Landesverweis
Das Kantonsgericht spricht ihn wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, qualifizierter einfacher Körperverletzung, mehrfachen Raufhandels und Nötigung schuldig. Es verhängt gegen den mehrfach und einschlägig vorbestraften 39-Jährigen eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und neun Monaten.
Seine Ehefrau wird wegen Raufhandels zu einer bedingten Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt, die sie nur absitzen muss, falls sie erneut etwas anstellt. Stärker treffen dürfte die 32-Jährige, dass das Kantonsgericht sie für fünf Jahre des Landes verweist.
Ausserdem kommen erhebliche Kosten auf das verschuldete Paar zu, das derzeit von Sozialhilfe lebt. Der 39-Jährige muss dem Kellner, den er lebensgefährlich verletzt haben soll, rund 12 000 Franken Genugtuung und Schadenersatz bezahlen. Über weitere Forderungen wird in gesonderten Verfahren entschieden. Der Hauptbeschuldigte und seine Frau sollen ausserdem knapp 140 000 Franken Verfahrenskosten bezahlen.
Strenges Urteil
Die Freiheitsstrafe, welche das Kantonsgericht verhängt, ist deutlich höher als die, welche das Kreisgericht See-Gaster im Oktober 2022 aussprach. Es hatte den Mann zu sechs Jahren Haft verurteilt. Das nun verkündete Strafmass übertrifft sogar die Forderung der Staatsanwaltschaft, welche den 39-Jährigen acht Jahre im Gefängnis sehen wollte.
Auch die bedingte Freiheitsstrafe gegen die Frau verschärft das Kantonsgericht. Sie wird wegen mehrfachen Raufhandels schuldig gesprochen. Die Richter und Richterinnen in St.Gallen legen auf die Strafe des Kreisgerichts noch ein halbes Jahr drauf und verurteilen die 32-Jährige zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten.
In diesem Fall bleiben sie hinter der Forderung der Staatsanwältin zurück, welche eine zweijährige bedingte Freiheitsstrafe für die Beschuldigte gefordert hatte. Den fünfjährigen Landesverweis gegen die Slowakin, welchen das Kreisgericht verhängt hatte, bestätigte das Kantonsgericht. Die Staatsanwältin hatte gefordert, dass er auf sieben Jahre erhöht wird.
Die Kosten, welche auf das Paar zukommen, bleiben weitgehend diesel-ben wie im Urteil des Kreisgerichts. Der Gang ans Kantonsgericht kostet aber knapp 20 000 Franken extra.
Noch in Freiheit
Das Ehepaar war wegen einer Auseinandersetzung in einer Gartenbeiz am Rapperswiler Seequai im April 2018 angeklagt. Drei Personen waren damals mit einem spitzen Gegenstand schwer verletzt worden, eine davon lebensgefährlich. Ausserdem ging es um eine nächtliche Schlägerei in Kaltbrunn im Juni 2021, bei der ein Mann ein Brecheisen auf den Kopf bekam und einen Schädelbruch erlitt.
Vor dem Kantonsgericht hatten die Beschuldigten angegeben, die Aggression sei jeweils von der Gegenseite ausgegangen. Sie forderten Freisprüche und verlangten ausserdem, dass der Landesverweis gegen die Frau gestrichen wird. «Ich finde, wir sollten Schmerzensgeld bekommen», befand die Angeklagte.
Die Richterinnen und Richter überzeugte die Darstellung der Beschuldigten offensichtlich nicht. Sie hatten im Verfahren teils widersprüchliche Angaben gemacht und wurden von mehreren Zeugen belastet.
Aktuell ist das Paar weiterhin auf freiem Fuss. Es kann das nun gesprochene Urteil bis Mitte April anfechten. Erst wenn der Entscheid rechtskräftig ist, werden die Strafen wirksam.
Rund sieben Jahre nach einer Stichattacke mit drei Verletzten am Rapperswiler Seequai hat das St. Galler Kantonsgericht sein Urteil gesprochen. Es verschärft die Strafe der Vorinstanz deutlich.
Das nun verkündete Strafmass übertrifft sogar die Forderung der Staatsanwaltschaft, welche den 39-Jährigen acht Jahre im Gefängnis sehen wollte.