Fischadler aus Lettland im Linthgebiet
Mehrfach konnte der Fischadler dabei beobachtet werden, wie er auf der Jagd nach Fischen dem Linthkanal entlang flog.
Klaus Robin
Vergangene Woche hielt sich ein Fischadler im Linthgebiet auf. Mehrfach konnte er dabei beobachtet werden, wie er auf der Jagd nach Fischen dem Linthkanal entlang flog und auch das Kaltbrunner Riet in seine Suchflüge mit einbezog. Die über Tage herrschende steife Bise hatte den Vogel mutmasslich daran gehindert, weiter nach Norden zu ziehen.
Regional stark dezimiert
Mit Ausnahme der Antarktis ist der Fischadler auf allen Kontinenten vertreten und gilt weder global noch kontinental als gefährdet. Regional jedoch wurde er in zahlreichen geeigneten Landschaften stark dezimiert oder ausgerottet, so auch in unserem Land. Die Art hatte in der Schweiz gebrütet, wurde aber als Nahrungskonkurrent besonders im 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts intensiv verfolgt. Dieses radikale Vorgehen entsprach dem Auftrag des damaligen Bundesgesetzes über die Fischerei von 1888: «Die Ausrottung von Fischottern, Fischreihern und anderen, der Fischerei besonders schädlichen Tieren ist möglichst zu begünstigen. » Die letzte Brut wurde 1911 bei Ellikon am Rhein, Kanton Zürich, nachgewiesen und sogleich zerstört. Die Art war damit als Brutvogel in der Schweiz ausgerottet. Doch überquert der Fischadler als Zugvogel unser Land regelmässig in kleiner Zahl, auch die Linthregion, wo er zwischen 2000 und 2021 alljährlich beobachtet wurde, wie einer Zusammenstellung von Klaus Robin und Hanspeter Geiser aus dem Jahr 2022 zu entnehmen ist. Der aktuell in der Linthregion beobachtete Fischadler war beringt. Einer von zwei Ringen konnte abgelesen und fotografiert werden: 5M0. Outi Gasser von der Ringfundzentrale der Schweizerischen Vogelwarte Sempach lieferte die Beringungsdaten. Der Vogel war am 30.Juni 2022 als Nestling in Lielauce in Lettland beringt worden und hat seither bereits mehrfach den Weg nach Afrika und wieder zurück geschafft. Die Distanz zwischen seinem Beringungsort und dem Linthgebiet misst rund 1000 Kilo-meter. Mit fast drei Jahren ist der Fischadler nun geschlechtsreif und mutmasslich auf der Suche nach einer Partnerin oder einem Partner. Ob er sich in Lettland umsehen oder auf dem Weg dahin sein Glück versuchen wird, bleibt offen.
Fachwelt wartet auf Nachwuchs
Um den Fischadler als Brutvogel in der Schweiz wieder zu etablieren, startete die Vogelschutzorganisation der französischsprachigen Schweiz «Nos Oiseaux» ein Wiederansiedlungsprojekt und setzte zwischen 2015 bis 2020 im Drei-Seen-Gebiet insgesamt 62 junge Fischadler aus. Verschiedene dieser Vögel sind aus dem Überwinterungsgebiet zurückgekehrt. Zwei Weibchen haben sich im benachbarten Ausland verpaart und erfolgreich Junge grossgezogen. Die Fachwelt ist nun gespannt, ob es dieses Jahr auch in der Schweiz zu einer Brut kommen wird oder ob noch weiterhin Geduld gefragt ist.