Handelsstreit mit EU scheint nach Trumps Zollpaket unausweichlich
US-Präsident Donald Trump hat ein gewaltiges Zollpaket verkündet. Auf Einfuhren aus der Europäischen Union in die USA sind demnach neue Zölle in Höhe von 20 Prozent vorgesehen. EU-Politikerinnen und -Politiker reagierten besorgt über eine mögliche Eskalation.
Kritisch äusserte sich Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, die Trump eigentlich nahesteht. Sie nannte die neuen Zölle «falsch». Das von Trump verkündete Zollpaket nütze weder den USA noch Europa, schrieb Meloni in einem Post in den sozialen Medien. «Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um auf eine Einigung mit den USA hinzuarbeiten, mit dem Ziel, einen Handelskrieg zu verhindern», teilte die italienische Regierungschefin mit.
Irland drängte die Europäische Union (EU) zu einer «verhältnismässigen» Reaktion. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte vorab einen «starken Plan» als Antwort auf Trump angekündigt. In Handelsfragen hat die EU-Kommission die Kompetenz, für die Mitgliedsländer zu sprechen. Kritik kam auch aus Grossbritannien und Australien.
Diese «ungerechtfertigten» Massnahmen würden zu einer weiteren Eskalation und einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale für die USA und die Welt insgesamt führen, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, der deutsche SPD-Politiker Bernd Lange. Andere Europaparlamentarier äusserten sich ähnlich besorgt.
Mit Blick auf die möglichen Antworten auf die Zoll-Politik von Trump sagte Lange: «Alle betroffenen Länder müssen geschlossen reagieren und eine klare Botschaft an die USA senden, um diesem Zollwahnsinn ein Ende zu setzen.» Als EU werde man nun prüfen, welche Instrumente im Werkzeugkasten am besten geeignet seien.
Strafabgaben je nach Handelsdefizit
Für viele Länder sollen je nach Handelsdefizit höhere Strafabgaben greifen, wie der Republikaner im Rosengarten des Weissen Hauses ankündigte. Das bedeutet im Prinzip, dass die USA überall dort ihre Zölle entsprechend im Verhältnis anheben, wo sie derzeit nach Aussage der US-Regierung weniger verlangen als ihre Handelspartner. Nun will Trump ein höchst komplexes System einführen, das sowohl wechselseitige als auch pauschale Strafabgaben enthält.
Es ist der bisher aggressivste und folgenschwerste Schritt in der Handelspolitik des US-Präsidenten. Dies dürfte die Weltwirtschaft im erheblichen Masse belasten. Zölle in Höhe von zehn Prozent sollen universell auf Importe aus allen Ländern in die Vereinigten Staaten gelten. Auf Schweizer Exporte kündigte die US-Regierung Zölle in der Höhe von 31 Prozent an.
Besonders ins Visier genommen werden jene Länder, die aus Sicht der USA besonders hohe Handelsbarrieren für amerikanische Produkte haben. Trump moniert neben Zölle immer wieder andere Handelshemmnisse wie Importvorgaben, Subventionen oder andere Regularien. Die härtesten Strafzölle mit je 50 Prozent treffen ein französisches Überseegebiet, die Inselgruppe Saint-Pierre und Miquelon, den afrikanischen Kleinstaat Lesotho – über den Trump kürzlich noch gescherzt hatte, niemand habe von dem je gehört.
Trump: Tag wird in die Geschichte eingehen
Der Republikaner hatte den Tag der Verkündung vorab als «Tag der Befreiung» angepriesen. «Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem die amerikanische Industrie wiedergeboren wurde, als der Tag, an dem Amerika sein Schicksal zurückerobert hat, und als der Tag, an dem wir begonnen haben, Amerika wieder reich zu machen», sagte Trump. «Jahrzehntelang wurde unser Land geplündert, gebrandschatzt, vergewaltigt und ausgeplündert, von nahen und fernen Nationen, von Freunden und Feinden gleichermassen.» Dies sei nun vorbei. Das «goldene Zeitalter» der USA komme zurück.
Für seine Zoll-Ankündigung wählte Trump bewusst den Rosengarten. Es war die erste Veranstaltung des Republikaners in dem berühmten Garten direkt neben dem Oval Office nach seinem Wiedereinzug ins Weisse Haus. Trump hat Zölle in der Vergangenheit als sein Lieblingswort bezeichnet und schon in seiner ersten Amtszeit diverse Strafabgaben eingeführt.
Stärke demonstrieren
Er will mit Zöllen Handelsungleichgewichte korrigieren und mehr Produktion in die USA verlagern. Ausserdem dürfte der US-Präsident mit der Verhängung der Zölle Stärke demonstrieren wollen. Gleichzeitig könnten die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen umfassender Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren. Zölle dienen dem Republikaner auch als Druckmittel, um in Verhandlungen mit anderen Ländern seine Ziele zu erreichen.
Die US-Regierung verhängte bereits Strafabgaben auf alle Aluminium- und Stahlimporte, brachte Zölle in Höhe von 25 Prozent auf importierte Autos und Autoteile auf den Weg, führte erhöhte Zölle auf alle Waren aus China ein und nahm seine Nachbarn Kanada und Mexiko ins Visier. Gerade die Autozölle treffen Europa und die deutsche Autoindustrie schwer.
Zölle haben Folgen für Verbraucher
Ein Importzoll funktioniert ähnlich wie eine Steuer. Sie muss vom importierenden Unternehmen gezahlt werden – in diesem Fall also von den Unternehmen in den USA. Es gilt als wahrscheinlich, dass die importierenden Unternehmen die höheren Kosten nicht einfach selbst übernehmen. Sie dürften sie an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben – die Preise steigen so, die Inflation könnte wieder angeheizt werden. Trumps Ziel ist, US-Unternehmen davon abzuhalten, Produkte aus dem Ausland einzuführen. Das soll langfristig den Produktionsstandort USA fördern.
Da mit Gegenzöllen gerechnet wird und auf die exportierenden Unternehmen Umsatzeinbussen zukommen dürften, könnte dies zu einem Rückgang der Produktion und möglichen Stellenstreichungen führen, was die Wirtschaft insgesamt belasten kann. Ein eskalierender Handelskonflikt zwischen den USA und der EU wird daher auch für Verbraucher einzelner EU-Länder wie Deutschland spürbare Auswirkungen haben. Die deutsche Chemieindustrie mahnte bereits zu einem «kühlen Kopf» und warnte vor einer Eskalationsspirale, die den Schaden nur vergrössern würde.
«Sie zocken uns ab. Es ist so traurig, das zu sehen. Es ist so erbärmlich», sagte Trump bei seiner Ankündigung mit Blick auf die EU. Immer wieder wettert Trump bei öffentlichen Auftritten vor allem gegen die EU. Grundsätzlich ist es ihm ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU. Die bereits bekannten US-Zölle hatten den Handelsstreit mit der EU bereits angeheizt. Die neuen Strafabgaben könnten das Fass zum Überlaufen bringen und zu heftigen Gegenmassnahmen aus Brüssel führen. Denn die Situation schaukelt sich bereits seit Wochen hoch.