National ist Schwyz in Sachen Eigenkapital nur Mittelmass
Konsumentenzeitschrift «Saldo» kritisiert die riesigen Überschüsse und das enorme Eigenkapital der Kantone. Der Kanton Schwyz landet dabei beim Verhältnis der Jahresausgaben zum Eigenkapital nur im Mittelfeld.
Andreas Knobel
Wenn der Kanton Schwyz jeweils seine Rechnung präsentiert, haben viele nur noch ein müdes Lächeln übrig: Denn seit Jahren erzielt Schwyz jährlich einen viel besseren Abschluss als budgetiert.
Aktuell schloss die Jahresrechnung 2024 mit einem Überschuss von 55,3 Mio. Franken, budgetiert war ein Minus von 50,4 Mio. Franken, womit sich der Kanton um satte 105,7 Mio. Fr. «verschätzt» hat. Und weil das schon ganze zehn Mal hintereinander der Fall war, summiert sich das Eigenkapital auf inzwischen 938 Mio. Franken, das Nettovermögen auf 873 Mio. Franken. Auf den ersten Blick mag das als «Luxusproblem» des reichen Kantons Schwyz erscheinen.
Geradezu «gigantisch» verschätzt
Die Konsumentenzeitschrift Saldo hat jedoch einen zweiten Blick auf die Zahlen geworfen. Basierend auf den verfügbaren Zahlen aus den Jahren 2004 bis 2023 kommt Redaktor Gery Schwager zu einem verblüffenden Fazit: Der Kanton Schwyz ist nicht etwa ein Ausnahme-, sondern der Normalfall. «Von 2004 bis 2023 schrieben die 26 Kantone zusammen 28,4 Milliarden Franken Gewinn. Erwartet hatten sie ein Defizit von 17,6 Milliarden Franken … Die Kantone ‹verschätzten› sich also um die gigantische Summe von 46 Milliarden Franken.» In der Summe schlossen die Rechnungen der Kantone in 18 der 20 Jahre besser ab als budgetiert. Besonders «überbudgetiert» hätten die Kantone Appenzell Innerrhoden, Basel-Stadt, Graubünden, Schaffhausen, Thurgau und Uri – Schwyz befindet sich in dieser Beziehung also nicht bei den Spitzenreitern.
Nicht pessimistisch, nur vorsichtig
Auf die Frage, warum die Kantone so häufig triste Finanzprognosen aufstellten, antworteten die von «Saldo» angefragten Finanzdirektoren wie erwartet: Man lasse nicht pessimistisch kalkulieren, sondern eine gesunde Vorsicht walten. Bei unsicherer Lage budgetiere man lieber zurückhaltend. Dazu kämen «nicht erwartbare Effekte» wie die Ausschüttung der Nationalbank, oder der Immobilienmarkt. Die Finanzdirektoren waren sich einig, auch in der Wortwahl: Es gebe eben «nicht planbare», «ausserordentliche » und «unkontrollierbare» Einflussfaktoren.
Kanton Schwyz «nur» Normalfall
Die Konsumentenzeitschrift ist deshalb überzeugt, dass dank der hohen Rechnungsüberschüsse viele Kantone die Steuer deutlich senken könnten. Das Eigenkapital habe sich in den letzten Jahren nämlich stark erhöht. Klar am höchsten ist es im Kanton Zürich mit 11,8 Milliarden (Stand 2023). Darauf folgt Basel-Stadt mit 6,8 Milliarden, dann bereits Luzern, Graubünden, Zug, Aargau und St.Gallen. Der Kanton Schwyz folgt «erst» auf Rang 8 mit (ausgeschrieben) 1156176000 Franken Eigenkapital. Am Schluss stehen naturgemäss die kleineren Kantone, eine ordentliche Reserve haben jedoch alle Kantone.
Um die Zahlen mit der Grösse der Kantone vergleichbar zu machen, setzte «Saldo» die Jahresausgaben des jeweiligen Kantons ins Verhältnis zum Eigenkapital. Dabei schwangen Zug und Basel-Stadt mit je 138% obenaus. Aber auch Graubünden (124%) und Luzern (115%) könnten sich theoretisch und salopp formuliert ein Jahr lang ohne Einnahmen finanzieren.
Der Kanton Schwyz aber gibt pro Jahr «nur» 67% seines Eigenkapitals aus, womit er überraschenderweise unter «ferner liefen» einzuordnen ist. Appenzell Innerrhoden zum Beispiel ist mit 90 % deutlich weiter vorn, auch Schaffhausen (81 %) und gar Glarus (80) lassen Schwyz hinter sich. Im grossen Zürich liegt die Verhältniszahl übrigens bei 63 %.
Ähnlich bei Bund und Co.
So kommt «Saldo» zum Schluss, dass die Klagen über klamme öffentliche Kassen nicht angebracht seien. Schon vor einem Jahr nahm man die Bundesfinanzen unter die Lupe. Und siehe da, von einem Finanzloch könne keine Rede sein, auch der Bund habe in den letzten 20 Jahren einen Überschuss von 3,2 Milliarden Franken erzielt – und bei Bezirken und Gemeinden dürfte es auch nicht anders aussehen.
Tatsächlich bezeichnet die Konsumentenzeitschrift den Streit um eine Entlastung der Bundeskasse auf Kosten der Kantone als «grotesk». So ist man sich mit der wirtschaftsnahen Stiftung Avenir Suisse einig. Diese hält fest, dass langjährige Überschüsse nicht generationengerecht seien. Denn bei laufenden Überschüssen zahlten die aktuellen Steuerzahler zu viel im Verhältnis zu den Leistungen, die sie erhalten.
«Die Kantone ‹ verschätzten› sich über 20 Jahre hinweg um gigantische 46 Milliarden Franken.»
Gery Schwager
Konsumentenzeitschrift Saldo