Hat Wangen fünf Millionen Franken übrig?
Die Gemeinde Wangen will eine neue Schulanlage für 18 Primarklassen bauen, mitsamt Dreifachturnhalle, Dreifachkindergarten sowie einer Tiefgarage und dazugehöriger Aussenanlage. Dass in unsere Zukunft – die Bildung – investiert werden soll, unterstützen wir in grossem Masse. Im Februar hat die Gemeinde Wangen zu einer Infoveranstaltung aufgerufen, die rege besucht wurde. Bereits dort haben einige Besucher kritische Fragen zur Vorgehensweise gestellt, auch Mitglieder vom Architektur Forum Schwyz. Aktuell zeigt der Kanton Schwyz als Bauherr gute Ansätze, wie man über gute Verfahren zu hochstehenden Bauprojekten kommt. Das in Wangen gewählte Wettbewerbsverfahren hingegen wirft tatsächlich Fragen auf. Um eine clevere Idee für zukunftsfähige Schulhäuser zu finden braucht es andere Wege.
Das neue Schulhaus in Wangen soll rund 48 Mio. Franken kosten. Ein solcher Auftrag unterliegt den Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens. Konkret müssen die Leistungen für Planung und Bau europaweit ausgeschrieben werden. Der Sinn davon ist, dass ein faires Verfahren stattfindet, keine Direktvergabe oder Absprachen, und die Gemeinde das Bauwerk für einen Marktpreis bekommt. So weit, so normal.
Intransparenz bei den Kosten
Nun hat sich Wangen für das Verfahren eines Gesamtleistungswettbewerbs entschieden. Und hier fängt das Problem an. In einem solchen Prozedere spannt ein Generalunternehmen mit einem Planungsteam zusammen. Ersteres ist federführend. Es garantiert bereits auf der ersten Stufe der Planung, nämlich bereits bei der Wettbewerbsabgabe für den Preis und den Eröffnungstermin. Das schont die Nerven der Auftraggebenden, weil sie nur eine Rechnung prüfen müssen. Dieser Komfort ist aber teuer erkauft – mit Steuergeldern. Denn im Fixpreis sind freilich einiges an Reserven, Risiken und Gewinn eingerechnet – in der Regel mindestens 10 Prozent. Man rechne. Darüber hinaus wird mit dem Gesamtleistungsverfahren auch ein falscher Anreiz gesetzt. Neben den Hebeln zur Steuerung des Resultats gibt die Gemeinde auch die Möglichkeiten aus der Hand, einen Gewinn einzustreichen, wenn sie das Projekt gut abschliesst. In der Realität spart das Generalunternehmen nämlich an Qualität, um den Gewinn zu maximieren. Hinzukommt: die fehlende Transparenz der Kosten. Die Gemeindemitglieder erfahren den wirklichen Marktpreis nie. Mit dem Fixpreis geben sie die Kontrolle über die Kosten ab. Das gewählte Gesamtleistungsverfahren begrenzt zudem den Markt auf wenige grosse Teilnehmer. Nur sie können sich einen so grossen Aufwand wie beim Verfahren in Wangen leisten. Dabei muss zum Beispiel schon im Wettbewerb ein Bauablaufplan eingereicht werden. So bleibt voraussichtlich nur wenig Wertschöpfung vor Ort, konkret in der Gemeinde.
Warum nicht die beste Lösung suchen?
Laut Ausschreibung werden in Wangen nur 6-8 Lösungen gesucht. Diese Projekte werden vergütet. Als Architektur Forum Schwyz treten wir für den offenen Wettbewerb ein. Offen heisst, jedes Büro darf mittun, auch jene aus der Gemeinde selber. Bei einem solchen Verfahren winkt ein Preisgeld nur für die besten Ideen. Der Vorteil: Es wären mehr Eingaben zu erwarten. Der Mehrwert für die Bauherrschaft liegt auf der Hand: Sie kann unter viel mehr Lösungsansätzen wählen. Und die in breiter Konkurrenz entstandenen Projekte weisen meistens eine überdurchschnittliche Qualität auf. Warum sich also unnötig einschränken? Bei offenen Wettbewerbsverfahren hätten auch kleinere Planungsbüros aus der Region die Möglichkeit zu einer Teilnahme.
Knie-Chirurg oder Tierarzt?
Eine zentrale Bauernregel des Bauens heisst: Ein Bau ist nur so gut wie sein Bauherr! Wie üblich lässt sich die Gemeinde Wangen auch beim Schulhaus-Wettbewerb von einer Jury beraten. In der Regel teilt sich diese in eine Fachjury, meist aus Planungsprofis aus der Architektur und Landschaftsarchitektur sowie einer Sachjury, mit den Vertretenden aus Politik und Verwaltung. Wer in der Jury sitzt, trägt Verantwortung.
Das Architektur Forum Schwyz ist der Meinung: In der Fachjury sollten deshalb Fachleute aus Architektur und Landschaftsarchitektur sit-zen sollen. Sie verfügen durch ihr Studium über die Kompetenzen zu ortsbaulicher Qualität, Architektur, funktionalen Abläufe oder der Nachhaltigkeit eines Projekts zu urteilen, wie dies in der Ausschreibung gewünscht ist. In Wangen sind lediglich drei Fachjuroren vorgesehen, unüblich wenige für einen so grossen Auftrag. Noch irritierender: Einer des Gremiums ist ein Baumeister. In Wangen scheut man offenbar die Meinung von Experten. Denn wer würde sich eine Knie-Operation von einem Tierarzt machen lassen?
Wie es auch anders geht
Die letzten Verfahren des Kanton Schwyz als Bauherr zeigen, wie es bes-ser gehen könnte. Der Kantonsbaumeister Christoph Dettling hat in den letzten vier Jahren drei Wettbewerbe durchgeführt. Kein einziges war ein Gesamtleistungsverfahren mit verbindlichem Preisangebot! Immer waren die Architekturbüros im Lead und immer konnten Büros und Handwerker vor Ort bei den Verfahren teilnehmen. Ein erfolgreicher Weg. Dafür gabs es Lob aus der ganzen Schweiz.
Vorstand Architektur Forum Schwyz
Die Gemeinde Wangen plant den Bau einer neuen Schulanlage für 18 Primarklassen, die eine Dreifachturnhalle, einen Dreifachkindergarten und eine Tiefgarage umfassen soll. Das Architektur Forum Schwyz sieht das Vorgehen der Gemeinde kritisch.