Die Tigers verabschieden sich mit einem Lächeln
Sascha Fey (sda)
Es waren am Dienstag 25 Minuten seit dem Spielschluss vergangen, als der Langnauer Keeper Stéphane Charlin sein Mitspieler aufforderte, nochmals aufs Eis zu gehen. Der Fanblock der Emmentaler war geschlossen im Stadion geblieben und feierte sein Team, skandierte mehrmals «merci Langnau, merci». Dies notabene, nachdem die SCL Tigers im entscheidenden siebenten Viertelfinalspiel in Lausanne mit 2:6 untergegangen waren. Damit platzte der Traum vom erstmaligen Einzug in die Play-off Halbfinals der National League.
Das sagt trotz dem bitteren Ende alles aus. Die Fans anerkennen, welch positive Entwicklung die Langnauer durchlaufen haben, seit Trainer Thierry Paterlini und Sportchef Pascal Müller im Amt sind. Die beiden kamen vor drei Jahren. In ihrer ersten Saison bei den Tigers rettete sich das Team erst in den Abstiegs-Play-offs gegen Ajoie (4:2), die zweite beendete es auf dem 11. Tabellenplatz. Und nun qualifizierten sich die Emmentaler zum dritten Mal nach 2011 sowie 2019 für die Play-offs der höchsten Liga und forderten dem Qualifikationssieger Lausanne alles ab. «Darauf dürfen wir sicher stolz sein», sagt Tigers- Stürmer Pascal Müller.
Die Region wachgerüttelt
Was macht ihn besonders stolz? «Wir riefen in den letzten Wochen unter Druck unsere Leistungen ab, egal ob wir Ausfälle hatten. Die Mannschaft ist gewachsen, wir haben nun ein anderes Selbstvertrauen als vor zwei, drei Jahren.» Die Entwicklung der ganzen Organisation erfülle ihn mit Stolz. «Wir konnten nicht nur die Fans glücklich machen, sondern eine ganze Region wachrütteln.» Müller erklärt aber auch: Wir dürfen damit nicht zufrieden sein, wir müssen noch besser werden, haben das siebte Spiel in Lausanne verdient verloren. Von Halbfinals zu sprechen, wäre in dieser Liga allerdings vermessen. Wir müssen aber den Anspruch haben, jedes Jahr die Play-offs zu erreichen.» Die Basis der guten Saison bildete eine starke Defensive. In der Qualifikation kassierten nur die ZSC Lions (121) weniger Gegentore als Langnau (126). Charlin wurde in Langnau zu einem der besten Torhüter in der Schweiz, der 24-Jährige verzeichnete über die gesamte Saison eine Abwehrquote von 94,43 Prozent. Nun kehrt er zu Genève- Servette zurück, wenn er keinen Vertrag in der NHL erhält.
Neben Charlin machten viele andere enorme Fortschritte, wobei auch Dario Rohrbach hervorzuheben ist. Der Stürmer entwickelte sich von einem Mitläufer zu einem absoluten Leader, beendete die Meisterschaft als bester Skorer der Tigers.
Dass dem so ist, daran hat Thierry Paterlini einen grossen Anteil. «Er hat zu allen einen guten Zugang, ist emphatisch unterwegs, arbeitet sehr akribisch, kann klare Rollen verteilen, hat einen klaren Plan», sagt Berger über den Trainer der Langnauer. «Das Wichtigste ist aber, dass er den anderen Coaches Platz gibt. Es ist nicht eine Ein-Mann-Show.»
Nach 957 Partien ist Schluss
Sehr speziell war der Dienstagabend für Berger. Denn einen Tag nach seinem 36. Geburtstag ist für ihn die Karriere nach 957Partien in der höchsten Schweizer Liga zu Ende gegangen. Sein Debüt gab Müller im Herbst 2006 beim SC Bern, mit dem er dreimal Schweizer Meister wurde. 2016 wechselte er zu Langnau, wo er von 2017 bis 2022 der Captain der Mannschaft war. Berger passte perfekt zu den Emmentalern, er war keiner, der für Spektakel sorgte, sondern ein leidenschaftlicher Arbeiter. In den Play-offs spielte er mit drei Toren nochmals gross auf.
Als Berger am Dienstag nach dem Spiel zu den Fans schritt, hatte er wässrige Augen. Zurück kam er mit einem Lächeln auf dem Gesicht. «Zuerst übermannte es mich, da ich realisierte, dass es das letzte Mal war. Dann sah ich die Freude der Fans, obwohl wir verloren hatten», sagt Berger. «Als ich zu Langnau kam, war die Mentalität eine ganz andere, waren wir zufrieden, wenn wir gegen den ZSC nur 0:3 statt 0:5 verloren. Nun sind wir hässig, wenn wir nicht gewinnen. Es macht mich stolz, ein Teil dieser Entwicklung gewesen zu sein.» Berger braucht nun fürs Erste Abstand vom Eishockey, will den Kopf etwas lüften und Zeit mit der Familie verbringen. «Auf das freue ich mich sehr. Die Familie war über viele Jahre das zweite Glied.» Er kann es sich aber durchaus vorstellen, später wieder im Eishockey tätig zu sein. Als er dies gesagt hat, verschwindet er in die Kabine, wo es Pizza gibt. Auch Bier fehlt nicht. Denn trotz der Klatsche zum Abschluss überwiegt bei den Langnauern in dieser Saison definitiv das Positive.
Zwar haben die SCL Tigers die Play-off-Halbfinals in der National League verpasst, dennoch gibt es viele Gründe, stolz zu sein. Das sieht auch Stürmer Pascal Berger so. Für ihn geht eine eindrückliche Karriere zu Ende.
«Es macht mich stolz, ein Teil dieser Entwicklung gewesen zu sein.»
Pascal Berger
Stürmer der SCL Tigers