«Es ist krass, wie das Niveau in den letzten Jahren gestiegen ist»
Im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA spricht Skip Silvana Tirinzoni über die Gründe der Finalniederlage an der WM in Uijeongbu und blickt auch auf die Winterspiele voraus.
Die Schweizer Curlerinnen um Skip Silvana Tirinzoni holten in Südkorea zum sechsten Mal in Serie eine WM-Medaille. Nach viermal Gold setzte es nun zum zweiten Mal in Folge eine Finalniederlage gegen Kanada ab, diesmal 3:7.
Allerdings ist die Saison für das Team des CC Aarau noch nicht zu Ende. Ab dem 8. April steht in Toronto noch das letzte Grand-Slam-Turnier auf dem Programm. Danach sind Ferien angesagt, ehe die Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele im kommenden Februar in Mailand und Cortina d’Ampezzo beginnt. Eine Olympia-Medaille fehlt noch im eindrücklichen Palmarès von Tirinzoni und Alina Pätz, die seit 2018 ein Team bilden.
Silvana Tirinzoni, wie vor einem Jahr setzte es gegen Kanada um Skip Rachel Homan eine Niederlage im Final ab. Warum reichte es diesmal nicht zu Gold?
«Wir machten sicher etwas mehr Fehler als auch schon. Das verträgt es gegen dieses Team nicht. Sie nutzen Fehler kaltblütig aus. Trotz allem konnten wir die Partie bis zum achten End eng halten. Wäre dort der letzte Stein gelungen, dann hätten wir eine gute Chance gehabt, das Spiel zu gewinnen. Die zwei gestohlenen Steine der Kanadierinnen brachen uns das Genick.»
Sie vermochten Rachel Homan an Weltmeisterschaften noch nie zu bezwingen. Was macht es so schwierig gegen sie?
«Sie sind einfach unglaublich stark, verlieren fast keine Spiele. Seit zwei Jahren sind sie in Topform, jedes Team hat extrem Mühe gegen sie. Wir gewannen auch schon gegen sie, einfach nicht an Weltmeisterschaften. Ihre grösste Stärke sind die Takeouts. Taktisch kann nicht gross etwas gegen sie herausgeholt werden. Es gibt keine Taktik gegen grossartige Steine, denn es ist nicht möglich, alles zu verhindern. Wenn sie trotz einer Guard einen Double-Takeout spielen, dann muss man das so hinnehmen.»
Abgesehen von den beiden Niederlagen gegen Kanada gab es an dieser WM nur Siege. Von daher dürfte es dennoch ein gelungenes Turnier sein?
«Ja, das muss man so sehen. Klar sind wir im Moment noch sehr enttäuscht, unsere Leistungen stimmten jedoch während der gesamten Woche. Wir kämpften um jeden Stein. Zwar zeigten wir im Final nicht unser bestes Spiel, dennoch gaben wir alles und versuchten mit Leidenschaft, die Partie nach Hause zu bringen. Es reichte einfach nicht.»
Welche Rolle spielte die Müdigkeit nach den intensiven Tagen?
«Keine. Klar sind wir müde, das waren die Kanadierinnen jedoch auch. Das Adrenalin hielt uns wach und gab uns viel Energie.»
Vor der WM verstärkten Sie den Coaching-Staff mit Mirjam Ott, die zweimal Silber an Olympischen Winterspielen geholt hat. Was konkret brachte sie Euch?
«Sie ist eine Legende. Ich hatte sie sehr gerne im Hintergrund. Sie brachte eine gewisse Lockerheit hinein, ist eine wahnsinnig lustige Person. Sie tat uns rundum gut.»
EM-Gold und nun WM-Silber, doch es gab auch ein paar Dämpfer, wie beispielsweise der 3. Rang an den Schweizer Meisterschaften. Wie fällt die bisherige Saisonbilanz aus?
«Die Leistungen an der WM waren sicher hervorragend abgesehen von zwei, drei Steinen im Final. Die EM war top. Darauf können wir sicher extrem stolz sein. In den anderen Turnieren waren die Leistungen durchzogen.»
Eine Medaille an Winterspielen fehlt noch in Ihrem beeindruckenden Palmarès. Wie blicken Sie auf diesen Höhepunkt voraus?
«Es werden diejenigen Teams auf dem Podest sein, die mental am stärksten sind und in dieser Woche alles zusammenbringen. Auch gegen die vermeintlich schwachen Gegner reicht es nicht, wenn etwas nachgelassen wird. Es ist krass, wie das Niveau in den letzten Jahren gestiegen ist, in der Breite ist es so hoch wie noch nie. Hoffentlich werden wir für diese Herausforderung bereit sein.»