Schmidt befindet sich bei Leeds in einer komplizierten Situation
Isaac Schmidt nutzte das Schaufenster Belfast für Werbung in eigener Sache. Der 25-Jährige könnte eine Option für die Abwehr werden, hat aber ein grosses Problem: Seine Situation im Klub.
Als Schmidt im Trainingslager in Almancil vor die Medien trat, überraschte er mit guten Deutschkenntnissen. Nach dem Testspiel gegen Nordirland antwortete er dann aber doch lieber auf Französisch. Der Grund: «Das ist jetzt ein sehr emotionaler Moment für mich. Da fällt es mir sowieso schon schwer, die richtigen Worte zu finden.»
Soeben hatte Schmidt sein erstes Länderspiel bestritten – und das gleich von Beginn an. Auf der rechten Abwehrseite zeigte der Lausanner eine ansprechende Partie. Er gewann Laufduelle und setzte die erhofften offensiven Akzente. «Für mich war es eine grosse Ehre, in dieser Mannschaft spielen zu dürfen», sagte Schmidt. «Es war kein einfaches Spiel gegen einen sehr defensiven Gegner auf einem schwierigen Platz, aber ich versuchte, meine Chance zu nutzen.»
Gemäss Murat Yakin hat er das auch getan, der Nationaltrainer zählte Schmidt zu den Gewinnern des Tests. «Ich war mit seiner Leistung sehr zufrieden. Er war sehr agil und spielte auch mutig. Es ist eine Freude, wenn jemand so ein Debüt gibt.» Yakin wählte den März-Termin, um «weitere Optionen» für die WM-Qualifikation im Herbst zu finden. Schmidt hat aufgrund seiner Position das Potenzial, mehr als nur eine Option zu sein.
Yakins Anruf überraschte Schmidt
Lange war die rechte Abwehrseite von Silvan Widmer besetzt. Doch der 32-Jährige ist bei Mainz kein Stammspieler mehr, kommt in dieser Saison fast nur noch zu Kurzeinsätzen. Und selbst wenn er zu alter Stärke zurückfindet, ist klar, dass er angesichts seines Alters nicht ewig im Nationalteam bleiben wird. Im Herbst setzte Yakin auf der rechten Seite Spieler wie Edimilson Fernandes (28), Kevin Mbabu (29) oder Becir Omeragic (23) ein. Nun gab er Schmidt eine Chance.
Schmidt kann sogar auf beiden Aussenbahnen spielen und wäre damit auch ein möglicher Nachfolger von Ricardo Rodriguez (32). Das Problem: Auch Schmidt spielt im Verein kaum. Ende August wechselte er von St. Gallen zum englischen Zweitligisten Leeds United und kam seither in der Liga nur auf 25 Minuten Einsatzzeit. Einzig im FA Cup spielte er zweimal über die volle Distanz.
Das sind Werte, mit denen normalerweise kein Spieler rechnen kann, für das Nationalteam aufgeboten zu werden. Schmidt erklärte, er sei vom Anruf Yakins völlig überrascht gewesen: «Ich kannte die Nummer nicht, und als ich eine deutsche Stimme hörte, dachte ich zuerst, es sei vielleicht ein Spieleragent.» Als sich herausstellte, dass es Yakin war, der ihm nach erstem Kontakt im vergangenen September eine Chance geben wollte, war Schmidt überwältigt. «Ich dachte nur: ‘Wow.’ Sein Anruf hat viel in mir ausgelöst.»
In der Nationalmannschaft ist Schmidt Teil der immer grösser werdenden Lausanner Fraktion, zu der auch Alvyn Sanches, Joël Monteiro, Andi Zeqiri und Dan Ndoye gehören. Sie alle haben ihre Ausbildung bei den Waadtländern gemacht – Schmidt und Sanches sind sogar im gleichen Quartier aufgewachsen. «Wir haben uns gegenseitig angespornt, wollten zeigen, dass wir es bis ganz nach oben schaffen können», sagte Schmidt.
Nächste Saison in der Premier League?
Den Durchbruch schaffte Schmidt in St. Gallen, wo er vom Flügelspieler zum Aussenverteidiger umfunktioniert wurde. Diese Position hatte er zuvor bei Lausanne nur sporadisch gespielt. Seinen Offensivdrang hat er aber nicht verloren. Als dann Leeds United anklopfte und ihm einen Vierjahresvertrag anbot, konnten weder er noch der Verein Nein sagen. Präsident Matthias Hüppi sagte bei der Verabschiedung, es sei der wirtschaftlich wohl bedeutendste Transfer der Klubgeschichte. Und für Schmidt ging mit dem Wechsel ins Mutterland des Fussballs ein Traum in Erfüllung.
Nach gut sieben Monaten zieht Schmidt eine gemischte Zwischenbilanz. «Nach einem Jahr, in dem ich kaum gespielt habe, frage ich mich zwangsläufig, wie es weitergeht. Aber ich muss auch die Umstände betrachten.» Schmidt stiess erst am Ende des Transferfensters zum neuen Team, das zudem schon gut funktionierte. Derzeit steht Leeds auf dem ersten Tabellenplatz und ist damit klarer Aufstiegskandidat.
Was das für Schmidt bedeuten würde, kann er selbst noch nicht abschätzen. Klar ist aber, dass er in der Premier League kaum bessere Einsatzchancen hat. «Die Vereinsverantwortlichen haben mir versichert, dass sie langfristig mit mir planen. Ich muss nur geduldig sein und auf meine Chance warten.» Doch mit der Geduld ist es manchmal schwierig. Eine Fussballkarriere ist zeitlich begrenzt. Mit 25 Jahren hat Schmidt zwar noch viel vor sich, gehört aber nicht mehr zu den Nachwuchsspielern.
Gleichzeitig betonte Schmidt, dass er allein durch das höhere Trainingsniveau in Leeds weiter sei als zu Beginn der Saison. Mit seiner Leistung in Belfast hat er das unterstrichen. Dennoch ist klar: Wenn weitere Einsatzchancen folgen sollen, muss er im Verein wieder mehr Spielpraxis bekommen.