«Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut»
Eine Kolumne
von *Thomas Tumler
Das Weltcup-Heimrennen in Adelboden ist immer ein Highlight, aber in diesem Jahr war es ganz besonders. Mein vierter Platz war eine mittelgrosse Erlösung. Nach den beiden Riesenslaloms in Val d’Isère und Alta Badia, die nicht wirklich rund gelaufen sind, war der Druck schon extrem gross. Vor Adelboden habe ich mir keine grossen Ziele gesetzt, da Adelboden für mich immer ein schwieriges Rennen war. Daher habe ich mir lieber kleinere Vorgaben gemacht: Top-15 sehr gut, Top-10 sensationell.
Das Resultat hat dann wirklich alles übertroffen: Platz 4 und Doppelsieg für die Schweiz durch Marco Odermatt und Loïc Meillard. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke und dies schreibe. Welchen Stellenwert dieser Erfolg in der Schweiz und auch international hat, lässt sich auch an dem medialen Interesse belegen. Oder etwas kleiner gefasst, an den vielen Whatsapp-Nachrichten, die ich erhalten habe. Ich weiss nicht mehr genau, wie viele Glückwunsche ich bekommen habe, aber es waren deutlich über 100. Noch am Tag nach dem Riesenslalom von Adelboden war ich zumindest immer wieder damit beschäftigt die Nachrichtenflut zu bearbeiten und zu beantworten.
Auf meine Leistung von Adelboden kann ich weiter aufbauen. Klar, von den Emotionen ist der Sieg in Beaver Creek noch mehr wert, ist etwas ganz Spezielles. Aber die Atmosphäre, die wir am vorletzten Wochenende in Adelboden hatten, war schon einmalig. Ich freue mich einfach über das Resultat und die Weltcup-Punkte. Langsam aber sicher geht es schon auf die Weltmeisterschaften Anfang Februar in Saalbach zu, da nimmt der mediale Druck zu. Das war in Adelboden deutlich zu spüren.
Im Riesenslalom geht es erst Ende Januar mit dem Weltcup-Rennen in Schladming weiter, ein Nachtspektakel. Die zweieinhalb Wochen sind für mich prall gefüllt. Die ersten zehn Tage bin ich in Lachen und mache Konditionstraining mit Ramon Zürcher. Fünf, sechs Tage vor Schladming treffen wir uns dann mit dem Team zum Training in der Reiteralm. In der Dachstein-Region bereiten wir uns auf das Rennen in Österreich vor.
Die knapp zehn Tage in Lachen musste und muss ich auch noch ziemlich viel lernen, da ich Ende Januar Semesterprüfungen an der Fernfachhochschule habe. Ich muss da noch einiges an Stoff meines Sportmanagement-Studiums nachholen, den ich in den letzten Wochen verpasst habe. Die nächsten Tage sind daher gut getaktet: Vormittags trainiere ich mit Ramon in Einsiedeln und am Nachmittag lerne ich in Lachen. Ich muss wirklich jede freie Minute nutzen und in die Bücher schauen oder am Computer lernen. Doch die Lernerei ist Anfang der Woche vorbei und dann kann ich mich voll und ganz auf Schladming konzentrieren.
* Thomas Tumler (35) aus Lachen gehört zu den weltbesten Riesenslalom-Fahrern. In regelmässig erscheinenden Kolumnen erzählt der in Samnaun geborene Athlet im «March-Anzeiger » und «Höfner Volksblatt» von seiner Vorbereitung auf die Weltcup-Saison und aus der Welt der Skifahrer.