Verlag zieht Studie über Malariamittel gegen Corona zurück
Eine umstrittene Studie um die Wirkung des Malariamittels Hydroxyquloroquin gegen Corona ist zurückgezogen worden. Auf die angeblich positive Wirkung des uralten Malariamittels war auch der damalige US-Präsident Donald Trump aufgesprungen.
Die vor viereinhalb Jahren im «International Journal of Antimicrobial Agents» mit Co-Eigentümerschaft der Internationalen Gesellschaft für Antimikrobielle Chemotherapie (ISAC) veröffentliche Studie von französischen Wissenschaftlern hatte einen unerhörten Wirbel ausgelöst. Das beeinflusste auch die Covid-19-Politik von ganzen Staaten. Zurückgezogen wurde sie nun vom Verlag Elsevier.
Die Studie wurde weltweit 3’600 Mal von anderen Fachleuten in Studien zitiert. Sie ist damit die am zweithäufigsten zitierte Studie, die je zurückgezogen werden musste.
Hype in US-Medien
Der Ablauf der Geschichte ist für seriöse wissenschaftliche Publikationen unglaublich. Wie das Wissenschaftsmagazin «Nature» erklärte, haben der mittlerweile pensionierte ehemalige Leiter der der Forschungseinrichtung IHU in Marseille (F) Didier Raoult und seine Kolleginnen und Kollegen am 16. März 2020 einen Vorabdruck einer Studie veröffentlicht. Diese besagte, dass Hydroxychloroquin in einigen Fällen zusammen mit dem Antibiotikum Azithromycin die SARS-CoV-2-Viruslast bei 20 Teilnehmern gesenkt hatte.
Die Studie ist laut «Nature» von US-Fernsehsendern sofort gehypt worden. Vier Tage später wurde die Arbeit im «International Journal of Antimicrobial Agents» veröffentlicht, bei dem Co-Autor Jean-Marc Rolain Chefredakteur war. Das wissenschaftliche Journal hatte das eingereichte Manuskript innerhalb eines Tages angenommen. Normalerweise dauert das zumindest Wochen.
Trump bezeichnete das Uralt-Malariamittel gar als «Geschenk Gottes». Die Sache sei «bahnbrechend». Mehrere Staaten, so auch die USA, liessen gar die Verwendung von Hydroxychloroquin bei Covid-19 zu.
Bedenken hinsichtlich Datenqualität
Forschende hatten die umstrittene Studie mehrfach kritisiert und Bedenken hinsichtlich der Datenqualität, unklarer ethischer Hintergründe und wegen anderer Faktoren geäussert.
«Nature» führte dazu auf: «…darunter mangelnde Klarheit über den Zeitplan für die Ethikkommission und potenziell verwirrende Unterschiede zwischen den Merkmalen der Teilnehmer in den Kontroll- und Behandlungsgruppen, was darauf schliessen lässt, dass die Teilnehmer diesen Gruppen nicht zufällig zugewiesen worden waren. Sechs mit Hydroxychloroquin behandelte Personen brachen die Studie ab – eine von ihnen starb und drei wurden auf eine Intensivstation verlegt.»