Umstrittene Wahl-Neuauszählung in Rumänien beginnt
In Rumänien hat die vom Verfassungsgericht verfügte Neuauszählung aller Stimmzettel der ersten Runde der Präsidentenwahl begonnen. Dies berichteten rumänische Medien.
Der Vorgang ist höchst umstritten, weil die Neuauszählung nicht unter denselben transparenten Bedingungen abläuft wie eine reguläre Auszählung in Rumänien. Es gibt auch Vorwürfe politischer Parteinahme an das Gericht zum Vorteil des Kandidaten der Sozialdemokratischen Partei (PSD).
Darüber hinaus wird befürchtet, dass die Aktion den extrem rechten Kräften Auftrieb gibt und diese bei der am Sonntag geplanten Parlamentswahl begünstigt, weil diese sich selbst als «Opfer des Systems» darstellen könnten.
«Das Verfassungsgericht setzt die nationale Sicherheit aufs Spiel», sagte die konservativ-liberale Präsidentenkandidatin Elena Lasconi. Ihre Partei USR hat die Anordnung des Verfassungsgerichts zur Neuauszählung beim Appellationsgerichtshof in Bukarest angefochten. Lasconi war in der ersten Wahlrunde mit 19,17 Prozent auf Platz zwei gekommen, hinter dem rechtsextremen und russlandfreundlichen Kandidaten Calin Georgescu, der mit 22,94 Prozent überraschend auf Platz eins gelandet war.
Neuauszählung ohne Beobachter
Regulär beobachten in Rumänien Vertreter aller Parlamentsparteien in jedem Wahllokal den Abstimmungsprozess und nehmen an der Auszählung der Stimmzettel teil. Sie bestätigen mit ihren Unterschriften die Richtigkeit der Auszählung. Alles wird von Kameras festgehalten.
Bei der Neuauszählung der Stimmen ist all dies nicht der Fall. Sie wird von Staatsangestellten durchgeführt. Beobachter sind nicht zugelassen und eine Kamera-Überwachung fehlt, wie das zentrale Wahlbüro entschied. Zudem ist die Zahl dieser Auszähler weitaus geringer als bei dem regulären Zählprozess, sodass auch unbeabsichtigte Fehler befürchtet werden.
Vorwurf politischer Parteinahme an Verfassungsgericht
Zahlreiche Kommentatoren hatten dem Verfassungsgericht vorgeworfen, mit dem selbst gefassten Beschluss zur Neuauszählung den Präsidentenkandidaten von der sozialdemokratischen PSD, Ministerpräsident Marcel Ciolacu, begünstigen zu wollen. Ciolacu war in der ersten Runde mit 19,14 Prozent auf Platz drei gekommen – nur um 2.740 Stimmen hinter Lasconi. Damit verfehlte er den Einzug in die Stichwahl.
Das Verfassungsgericht gilt seit langem als PSD-freundlich. Ziel sei ein neues Auszählungsergebnis mit Ciolacu auf Platz zwei, so die Kritiker. Ciolacu erklärte daraufhin bei Facebook zunächst, dass er seine Kandidatur in jedem Fall zurückziehe. Später schwächte er ab: Er sei an keinem Platz zwei interessiert, der ihm «am grünen Tisch» – also intransparent – zugewiesen werde.
Weiterhin steht die Frage im Raum, ob das Verfassungsgericht möglicherweise die erste Wahlrunde komplett annulliert. Zwei der unterlegenen Präsidentenkandidaten haben die Wahl angefochten. Das Gericht vertagte seine ursprünglich für Freitag geplante Entscheidung auf Montag.