Schweizer Delegation mit Einigung an Weltklimakonferenz zufrieden
Die Schweizer Vertretung hat sich zufrieden mit der Einigung der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan zur Aufstockung der Klimahilfe gezeigt. Der Leiter der Schweizer Delegation sprach im Anschluss von einem erfolgreichen Abschluss. Teils war er aber auch enttäuscht.
Insgesamt sollen bis 2035 jährlich mindestens 1,3 Billionen US-Dollar fliessen, davon 300 Milliarden vorrangig aus den Industriestaaten. Die 300 Milliarden und damit die Verdreifachung der bisherigen Beträge seien zu erreichen, sagte Umweltbotschafter Felix Wertli im Anschluss telefonisch der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Mit dem Geld sollen Entwicklungsländer mehr Klimaschutz bezahlen und sich an die fatalen Folgen der Erderwärmung anpassen können – etwa häufigere Dürren, Stürme und Überschwemmungen.
Beitrag noch nicht definiert
Die Schweiz wird – wie alle anderen Staaten – mit dem Beschluss der Uno-Klimakonferenz (COP29) nicht konkret zu Zahlungen verpflichtet. Der Bundesrat werde 2025 einen Bericht verabschieden, in dem ein «fairer» Beitrag der Schweiz festgelegt werden soll, sagte Wertli. Es gehe nicht nur darum gehe, direkt mehr Geld zu bezahlen, sondern auch darum, Gelder zu mobilisieren.
Die Erwartungen der Entwicklungsländer hatte Umweltminister Albert Rösti in einem Interview mit dem Schweizer Radio und Fernsehen im Vorfeld der Einigung als «jenseits von Gut und Böse» bezeichnet. Die Schweiz komme ihrer historischen Verpflichtung bereits nach, indem sie «schon heute mit 700 Millionen pro Jahr im Vergleich zu anderen Ländern proportional mehr an den Klimaschutz beiträgt, als von ihr erwartet werden kann», sagte Rösti.
Mehr Geberländer und zusätzliche Mittel
Zwar mobilisieren die klassischen Industriestaaten bisher jährlich gut 100 Milliarden US-Dollar an Klimahilfen. Doch inzwischen liegt der Bedarf an externer Hilfe laut einer unabhängigen Uno-Expertengruppe bei rund einer Billion US-Dollar pro Jahr bis 2030 – und sogar 1,3 Billionen bis 2035.
Um dieses Investitionsziel zu erreichen, sollen der Einigung zufolge auch die multilateralen Entwicklungsbanken deutlich mehr Kredite ausreichen, beziehungsweise armen Staaten Schulden erlassen. Über das öffentliche Geld und das der Banken sollen mit Hebelwirkung auch in grossem Stil private Investitionen angestossen werden, die ebenfalls als Klimafinanzierung gezählt werden.
Die Schweiz hatte am Klimagipfel auch das Ziel verfolgt, die Zahl der Geberländer für Investitionen in den weltweiten Klimaschutz zu vergrössern. Dieses Ziel sei erreicht worden, sagte Wertli. Die Einigung sieht demnach eine Ausweitung der Geberländer auch auf reiche Schwellenländer vor.
Am Klimagipfel wurden auch weitere Regeln für den weltweiten Marktmechanismus verabschiedet. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) begrüsst dies, wie es am Sonntag mitteilte. So könnten Länder unter dem Pariser Übereinkommen Klimaschutzprojekte im Ausland umsetzen und sich die erzielten Emissionsverminderungen an ihr nationales Klimaziel anrechnen lassen. Die Schweiz habe auf solche Regeln hingearbeitet, welche die doppelte Anrechnung von erzielten Emissionsverminderungen verhinderten und einen effektiven Markt für Emissionsverminderungen etablierten.
Ernüchterung und Enttäuschung
Bei der Emissionsreduktion von Treibhausgasen zeigte sich der Delegationsverantwortliche enttäuscht. Die Schweizer Delegation hätte sich eine stärkere Botschaft zum Bekenntnis zum 1,5-Grad-Klimaziel gewünscht, sagte Wertli. Bundesrat Rösti hatte an der Klimakonferenz das 1,5-Grad-Klimaziel der Schweiz bekräftigt.
Die Umweltorganisation WWF Schweiz kritisierte die Einigung auf jährlich 300 Milliarden Dollar als «völlig unzureichend». Die Schweiz hätte im Vorfeld über einen fairen Anteil am neuen Finanzziel diskutieren müssen. Auch beim geplanten Ausstieg aus den fossilen Energien seien kaum Fortschritte erzielt worden. Die Schweiz habe sich für einen klaren Fahrplan eingesetzt, sei aber vor allem von den Gas- und Ölstaaten ausgebremst worden.
Greenpeace Schweiz forderte, dass die Schweiz nach dem enttäuschenden Abschluss endlich die Herausforderungen im Klimaschutz angehen und sich von fossilen Brennstoffen verabschieden müsse. Das neue Stromgesetz weise den Weg für einen Übergang weg von fossilen Energieträgern. Aber Klima-Kompensationen im Ausland behinderten eine nachhaltige Entwicklung genauso wie die Rückkehr der Atomenergie. Die Schweiz habe das Potenzial, genügend erneuerbare Energie zu produzieren, insbesondere mit Photovoltaik, sowie Energie einzusparen.
Auch das Hilfswerk Swissaid appelliert an die Schweiz, ihre Treibhausgasemissionen im eigenen Land, statt durch Projekte im Ausland zu kompensieren. Die Arbeitsgemeinschaft Alliance Sud sieht das Vertrauen in den globalen Norden im Wanken. Die restriktive Haltung der Industrieländer in Bezug auf die Finanzierung erschüttere besonders die ärmsten Länder und kleinen Inselstaaten, deren Existenz bereits durch die Klimakrise bedroht sei. Reiche Länder wie die Schweiz würden so witer an Einfluss und Glaubwürdigkeit im globalen Süden verlieren.