Sinner zwischen Himmel und Hölle
Auch bei den ATP Finals beginnt die Ära nach Federer, Nadal und Djokovic. Erstmals seit 23 Jahren findet das Saisonfinale ohne einen der Big 3 statt. Im Fokus steht in Turin Jannik Sinner.
DER GROSSE ABWESENDE. Im letzten Jahr holte Novak Djokovic seinen siebten Titel an den ATP Finals und wurde damit vor Roger Federer alleiniger Rekordsieger. Diesmal fehlt der 37-jährige Serbe, obwohl qualifiziert, wegen einer nicht näher definierten Verletzung. Damit findet erstmals seit 2001 – der Champion hiess damals in Sydney Lleyton Hewitt – ein Masters ohne einen Spieler aus dem Trio Federer/Djokovic/Rafael Nadal statt. Djokovic gewann in diesem Jahr erstmals seit seinem ersten Turniersieg 2006 keinen Titel auf der ATP Tour, erfüllte sich aber mit dem Olympiagold in Paris seinen grossen Traum.
LOKALMATADOR UND ÜBERFLIEGER. Im letztjährigen Final setzte sich Djokovic gegen Jannik Sinner durch. Danach folgte auch in dieser Beziehung die Wachtablösung. Seither gewann der 23-jährige Italiener sämtliche vier Duelle mit Djokovic, darunter im Davis-Cup-Final, im Halbfinal des Australian Open und zuletzt im Final des Masters-1000-Turniers in Schanghai. Letzte Woche fehlte Sinner zwar in Paris-Bercy wegen einer Virusinfektion, doch der zweifache Grand-Slam-Champion war in diesem Jahr der überragende Spieler auf Hartplatz und ist deshalb mit dem Heimvorteil im Rücken der Topfavorit. Die Nummer 1 zum Jahresende ist ihm sicher. Dies ist umso erstaunlicher, als mit der anstehenden Verhandlung vor dem CAS über eine möglicherweise mehrjährige Dopingsperre ein eigentliches Damoklesschwert über dem Südtiroler schwebt.
DER FINALS-SPEZIALIST. Alexander Zverev unterstrich mit dem Sieg in Paris-Bercy seine glänzende Form, belegt nun Platz 2 der Weltrangliste und trifft nicht schon in den Gruppenspielen auf Sinner. Der 27-jährige Hamburger ist ein eigentlicher Spezialist für die ATP Finals. Während er noch seinem ersten Grand-Slam-Titel hinterherjagt, gewann er das frühere Masters schon zweimal, 2018 in London und vor zwei Jahren bei der Premiere in Turin. In seiner Vorrunden-Gruppe ist dafür Carlos Alcaraz, der neben Sinner die anderen beiden Grand-Slam-Turniere gewonnen hat. Wie meist in den letzten Jahren schwächelt der Spanier aber am Ende einer kräftezehrenden Saison.
ROOKIE UND OLDIE. Einziger Neuling ist Alex de Minaur, als erster Australier an den ATP Finals seit Hewitt vor 20 Jahren. Der Älteste ist mit 28 Jahren Daniil Medwedew, der neben Zverev das Turnier als Einziger schon gewonnen hat (2020). Komplettiert wird das Feld durch den Amerikaner Taylor Fritz, den Norweger Casper Ruud und den Russen Andrej Rublew, der dank Djokovics Absage nachrutschte.
GELDSEGEN. Wie üblich ist das Paradeturnier der ATP üppig dotiert. Ein ungeschlagener Sieger streicht gut 4,88 Millionen Dollar ein, das Startgeld beträgt 331’000 Dollar, pro Sieg in der Vorrunde gibt es 396’500 Dollar dazu. Selbst die beiden Ersatzleute Grigor Dimitrov und Stefanos Tsitsipas werden für das Zuschauen und Bereithalten mit 155’000 Dollar entschädigt.