Lara Gut-Behrami kommt mit dem Alter auf den Geschmack
Lange konnte sich Lara Gut-Behrami nicht vorstellen, bis ins hohe Sportleralter Skirennfahrerin zu sein. Doch mit der Erfahrung kommt der Spass. Nun sind auch die Olympischen Spiele 2026 im Blickfeld.
Es gab eine Zeit, da fühlten sich die Tage als Skirennfahrerin für Lara Gut-Behrami wie ein Überlebenskampf an. Seit sie vor 16 Jahren in St. Moritz in ihrer ersten Weltcup-Abfahrt buchstäblich aufs Podest gestürzt war, stand sie im Fokus – bis 2017 an der WM in St. Moritz, ein Jahr nach ihrem ersten Gewinn des Gesamtweltcups, alles in sich zusammenfiel.
Das öffentliche Interesse an ihrer Person, der immense Druck, Reibereien mit dem Verband und die Verletzung warfen Gut-Behrami aus der Bahn, und die Rückkehr auf die Rennpisten verlief danach zunächst zäh. Gut-Behrami brauchte Zeit, doch schliesslich fand sie den Rank. Gut sieben Jahre nach dem Quasi-Kollaps an der Heim-WM im Engadin scheint in allen Belangen ihres Lebens wieder die Sonne.
Drei Kristallkugeln gewann die Tessinerin in der Saison 2023/24. Zwei Jahre nach Olympiagold in Peking im Super-G und drei Jahre nach ihrem Doppelgold an der WM 2021 in Cortina d’Ampezzo kürte sie sich mit 32 Jahren zur ältesten Gesamtweltcupsiegerin der Geschichte. 45 Weltcupsiege stehen nunmehr zu Buche, nur noch zehn weniger als bei Vreni Schneider, der Schweizerin mit den meisten Siegen.
Andere Töne, neue Impulse
Mit dem Erfolg und der körperlichen Unversehrtheit, aber vor allem auch mit der inneren Zufriedenheit kehrte der Spass zurück. Auch dank dem privaten Glück mit dem ehemaligen Fussball-Nationalspieler Valon Behrami fand Gut-Behrami jene Balance und Gelassenheit, die ihr lange gefehlt hatten. Die Nestwärme half, abzuschalten und dem lähmenden Druck zu entwachsen, jemandem etwas beweisen zu müssen.
Hatte Gut-Behrami in jüngeren Jahren wiederholt gesagt, sie könne sich nicht vorstellen, bis ins hohe Sportleralter Rennen zu fahren, schlägt sie inzwischen andere Töne an. Auf die Vorbereitung blickend, in welcher der neue Konditionstrainer Flavio Di Giorgio neue Impulse setzte, sagt sie vor ihrer 17. (!) Saison im Weltcup: «In diesem Sommer hatte ich im Training so viel Spass, dass ich mir dachte: Warum nicht noch ein zweites Jahr? Es machte so viel Spass, dass es schade wäre, es nicht noch ein zweites Jahr zu machen.»
Eine vierte Olympia-Teilnahme im Frühjahr 2026 unweit ihrer Wahlheimat in Udine ist folglich nicht mehr utopisch. «Wir werden sehen, was möglich ist», sagt Gut-Behrami. «Es hängt nicht nur von der Motivation ab, weil es kann immer so vieles dazwischen kommen. Aber wenn ich gesund bin, warum nicht? Sicher wissen werde ich es erst im Februar nach Cortina.»
Duell mit Shiffrin
Vorerst richtet sich der Blick auf die Saison 2024/25. In dieser kündigt sich im Kampf um den Gesamtweltcup ein Duell zwischen Mikaela Shiffrin und Gut-Behrami an. Gut-Behrami ist die Vorjahressiegerin, Shiffrin fünffache Gesamtsiegerin seit 2017, letzte Saison zwischenzeitlich ausgebremst durch einen schweren Sturz im Januar in Cortina und mit 97 Weltcupsiegen kurz davor, als erste Skirennfahrerin die 100er-Marke zu knacken.
Gut-Behrami, die im Training in Chile einen Schlag aufs Knie erlitten hat, aber unverletzt geblieben ist, hat die Vorteile in Abfahrt und Super-G auf ihrer Seite. Shiffrin, die als Konsequenz des Sturzes in Cortina in diesem Winter keine Abfahrten bestreiten wird, dominiert im Slalom, und im Riesenslalom entscheidet die Tagesform. Die WM in Saalbach im Februar wird Gut-Behramis neunte und Shiffrins siebte.