Captain Steve Kellenberger ordnet Klotens Saisonstart ein
Beim EHC Kloten hat sich viel getan. Nach einer Horror-Saison vermag der Traditionsverein im ersten Saisonviertel zu überzeugen. Doch Captain Steve Kellenberger warnt: «Wir sind noch nirgends.»
Neuer Trainer, neuer Sportchef, neuer Goalie und die Hälfte des ausländischen Personals ausgetauscht: Beim EHC Kloten ist in diesem Sommer kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Die Zürcher Unterländer, die in der letzten Saison mit Gerry Fleming, Larry Mitchell und Stefan Mair drei Trainer beschäftigt haben, sind dabei, sich neu zu erfinden. Beim Dorfklub, der in den Neunzigerjahren mit vier Meistertiteln in Folge etwas geschafft hat, was im Schweizer Eishockey seither keinem mehr gelang, sehnt man sich in der dritten Saison seit dem Wiederaufstieg nach Stabilität.
Steve Kellenberger ist so etwas wie der Inbegriff für Konstanz. Der 37-jährige Verteidiger ist längst Klotens Rekordspieler. Bis auf einen zweijährigen Abstecher nach Biel hat er dem Klub stets die Treue gehalten, mittlerweile sind weit über 800 Spiele zusammengekommen. Aktuell steht Kellenberger in seiner 18. Profisaison mit Kloten, seiner siebten als Captain.
Bester Saisonstart seit Aufstieg
Als solcher ist er auch eine wichtige Figur im Neuaufbau. Dieser war nach der enttäuschenden letzten Saison (mit Platz 13 und dem schlechtesten Torverhältnis der Liga) nötig – wieder einmal. Was mit dem Abstieg im Frühling 2017 mit einer Radikalkur begann, ist bis heute ein fortwährender Prozess, ein Kommen und Gehen auf vielen Ebenen. Was das Team betrifft, ist Kellenberger nach den jüngsten Abgängen von Marc Marchon und Patrick Obrist mittlerweile der letzte verbliebene Spieler aus der Abstiegssaison.
Der Abstiegszone will Kloten künftig fernbleiben. Das ist dem Klub im ersten Viertel der Meisterschaft ziemlich gut gelungen. Anfang Monat war Kloten sogar erstmals seit elf Jahren wieder Leader der National League. Mit 22 Punkten aus den ersten 14 Spielen steht das Team aktuell auf Rang 4. Es ist dies der beste Saisonstart seit dem Wiederaufstieg.
Für Kellenberger kein Zufall. «Die Chemie im Team stimmt», hält er im Gespräch mit Keystone-SDA fest. «Wir haben bereits eine gute Vorbereitung gehabt, sind mit entsprechend viel Selbstvertrauen in die Saison gestartet.» Und, ebenso wichtig: «Die Neuzugänge funktionieren nicht nur auf dem Eis, sie passen auch menschlich ins Team», so der Captain.
Auf einer Wellenlänge
Nordamerika-Rückkehrer Ludovic Waeber im Tor und der neue finnische Offensivverteidiger Sami Niku als Topskorer erweisen sich als die erhofften Verstärkungen. Den gelungenen Saisonstart macht Kellenberger aber vor allem an den Rochaden im Staff fest. «Trainer, Sportchef und Team sind auf einer Wellenlänge, wollen miteinander arbeiten. Es passt sehr gut.»
Dem neuen finnischen Cheftrainer Lauri Marjamäki ist es bei seinem ersten Engagement im Ausland offensichtlich besser gelungen, sich in der Schweizer Liga zurechtzufinden, als Gerry Fleming vor einem Jahr. Der Kanadier wurde nach nur zwei Monaten entlassen.
Ende Saison war auch die Trennung von Sportchef Larry Mitchell unausweichlich. Als Nachfolger des Deutsch-Kanadiers wurde im Mai Ricardo Schödler installiert, der zehn Jahre beim Schweizer Verband tätig war, zuletzt als Manager der Nationalteams. Für Kellenberger ist der 36-jährige Zürcher eine gute Wahl: «Er weiss, wie es in Kloten läuft, ist mit dem Schweizer Eishockey vertraut. Das ist ein Vorteil.» Für Mitchell war die National League Neuland.
Schödler verfolge eine klare Idee, so Kellenberger. «Es ist nun wichtig, dass wir am eingeschlagenen Weg festhalten können.» Durch die vielen Wechsel im Management sei dies in der Vergangenheit nicht möglich gewesen.
Puckbesitz als Erfolgsrezept
Konstanz auf und neben dem Eis ist das Ziel. Trotz des guten Starts warnt der Captain davor, nachlässig zu werden: «Wir sind noch nirgends.» Die drei aufeinanderfolgenden Niederlagen gegen Ajoie, Servette und Ambri-Piotta hätten gezeigt, wie schnell es gehen kann, «wenn wir nicht hundert Prozent fokussiert sind und uns nicht an unseren Spielplan halten».
Mit dem neuen Cheftrainer Lauri Marjamäki hat sich im Klotener Spiel taktisch vieles geändert. «Er legt extrem viel Wert auf Puckbesitz», erklärt Kellenberger und findet: «Das System passt zu uns, alle ziehen mit.» Er beschreibt Marjamäki als «sehr kommunikativ für einen Finnen». Der 47-Jährige hat sich in seiner Heimat als Trainer einen grossen Namen gemacht; er wurde mit Kärpät zweimal Meister, stieg zum Nationaltrainer auf und betreute später in der KHL Jokerit Helsinki. Nun suchte er im Ausland eine neue Herausforderung. Die hat er in Kloten gefunden, mit dem Ziel, länger zu bleiben. Läuft es weiter so rund, dürfte sein Einjahresvertrag bald verlängert werden.
Kellenbergers Zukunft offen
Und wie geht es mit Steve Kellenberger weiter, der im Februar 38 Jahr wird? Auch sein Vertrag läuft Ende Saison aus. Marjamäki fragte die Spieler vor Saisonbeginn in einem Fragebogen, wo sie sich in drei Jahren sehen. Kellenbergers Antwort: «Wenn ich dem Klub bis dann erhalten bleibe, wäre das cool. Wenn ich dann noch spielen würde, wäre das umso besser.» Im November oder Dezember will er sich mit dem Klub zusammensetzen, um die Situation zu analysieren. «Solange ich noch Freude am Hockey habe, will ich weiter machen.»
Doch sein Fokus liegt im Hier und Jetzt. Das Saisonziel ist klar. «Wir wollen uns so schnell wie möglich von den letzten zwei Plätzen distanzieren, ein Polster zur Abstiegszone schaffen und dann schauen, was drin liegt», so Kellenberger. Dafür gilt es: «Punkten, und zwar in jedem Spiel. Dann sehen wir, wo es hinführt, und ob es nach der Qualifikation für uns weiter geht oder nicht.»
Vorerst gilt es für Kloten, an die Leistungen des letzten Wochenendes mit dem Derby-Heimsieg gegen den Leader ZSC Lions und dem Zu-Null-Erfolg in Langnau anzuknüpfen. Am Freitag wartet nach fünf spielfreien Tagen die Auswärtspartie in Bern, gefolgt von zwei weiteren Gastauftritten in Lausanne und Freiburg. Drei echte Härtetests für den wieder aufblühenden EHC Kloten.