Was ist da los? Bund mischt sich bei Roger Federers Bootshaus-Bau ein
Das Finale ist gewonnen. Der Pokal steht bereit und wird demnächst übergeben. Just davor schaltet sich der Internationale Tennisverband ein – und legt Protest ein. In etwa so muss sich für Roger Federer anfühlen, was ihm gerade bei seinem Hausbau in Rapperswil-Jona widerfährt. Im September bewilligten die Stadt und der Kanton St.Gallen den Neubau eines Bootshauses – nach langem Hin und Her. Total vier Verfahren benötigte das Bauvorhaben; zwei Einsprachen verzögerten das Ganze. Und jetzt das: Der Bund interveniert bei Stadt und Kanton.
Auf Anfrage bestätigt das Bundesamt für Umwelt (Bafu), dass es eine Behördenbeschwerde gegen das Bootshaus erhoben hat. Diese richtet sich gegen den soeben bewilligten Abbruch der bestehenden Bootshaab mit Zufahrtsrinne sowie den Neubau eines Bootshauses mit Steg und Zufahrtsrinne. «Das restliche Bauprojekt wurde nicht infrage gestellt», so der Bafu- Sprecher Robin Poëll. Nebenbei angemerkt: Das restliche Bauprojekt mit sechs Gebäudeteilen ist auch so gut wie fertiggestellt.
Schweigsame Behörden
Was sagen die betroffenen Behörden dazu? «Die Informationspflicht liegt aktuell nicht bei uns», lässt die Medienstelle der Stadt Rapperswil-Jona verlauten. Und verweist auf den Kanton. Dort wird immerhin bestätigt, dass gegen die Verfügung der Stadt Rapperswil-Jona ein Rekurs beim Bauund Umweltdepartement eingegangen ist.
Weiter schreibt der Kanton St.Gallen: «Praxisgemäss und gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz geben wir keine weiteren Auskünfte zu hängigen Geschäften, so auch nicht darüber, ob sich das Bundesamt für Umwelt in dieser Sache geäussert hat.» Fakt ist: Eine Behördenbeschwerde hat Seltenheitswert. Rund eine Handvoll dürfte das Bafu jährlich nur erheben. Aus gutem Grund: Das Gesetz sieht für Kantone und Gemeinden einen gewissen Ermessensspielraum vor.
Verletzte Gesetze?
Welche Motivation das Bundesamt für Umwelt für die Behördenbeschwerde bei Federers Vorhaben in Kempraten hatte, bleibt unklar. «Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, kann sich das Bafu nicht weiter dazu äussern », schreibt Sprecher Poëll auf Nachfrage. Dafür reagiert ein anderer auf einen Anruf. Er begleitet schon jahrelang das Projekt Federers – und zweifelt die Rechtmässigkeit der Bauvorhaben mindestens schon so lange an. Die Rede ist von Victor von Wartburg. Als Gründer und Präsident ist er das Gesicht des schweizweit seit über 20 Jahren tätigen Vereins Rives Publiques. Mit diesem reichte von Wartburg diesen Mai bei der Stadt Rapperswil-Jona Einsprache ein. Und sandte im Juni eine Replik an den Kanton St. Gallen gegen das Bootshaus. Allerdings fehlt dem Verein das Verbandsbeschwerderecht. So sprachen Stadt und Kanton Rives Publiques die Einspracheberechtigung ab. Auch materiell wurde die Einsprache abgewiesen (siehe Box).
Nun aber fühlt sich von Wartburg durch die Behördenbeschwerde des Bafu bestätigt. «Das ist für uns extrem erfreulich», sagt er. «Wir investierten mehrere Tausend Franken für die juristische Unterstützung im Einspracheverfahren. » Für den Verein sei aufgrund der Gesetzeslage klar, dass das Bootshaus nicht genehmigt werden dürfe.
Konkret besagt dies laut von Wart-burg der Artikel 664 des übergeordneten Schweizer Zivilgesetzbuches (ZGB). Zusammengefasst steht darin: «An den öffentlichen Gewässern besteht unter Vorbehalt anderweitigen Nachweises kein Privateigentum.» Zudem zitiert er einen Bundesgerichtsentscheid. Gemäss diesem bilden die öffentlichen Gewässer und ihr Bett eine unzertrennliche Einheit und gehören zum öffentlichen Gut.
Neue Mission für «Robin Hood»
Sein Einsatz brachte von Wartburg den Übernahmen «Robin Hood der Schweizer Seen» ein. Dahingegen werfen ihm Leserbriefschreiber und Online-Kommentatoren vor, aus Eifersucht und Neid zu handeln. Der bald 82-jährige mehrfache Immobilienbesitzer lacht nur, wenn er das hört. «Das Volk muss endlich verstehen, dass öffentliche Gewässer für alle zugänglich und benutzbar sein müssen und die Gewässer sein Eigentum sind. Dazu gehört auch das Ufer, quasi als Rand der Badewanne.» Mit Eifersucht habe das nichts zu tun. «Auch das Bafu hat die Behördenbeschwerde kaum aus Eifersucht eingereicht. »
Der Bund pfeift die Stadt Rapperswil-Jona und den Kanton St.Gallen zurück. Die Behörden bewilligten Roger Federer ein Bootshaus.