Tadej Pogacar will in illustren Kreis
50 Jahre nach Eddy Merckx und 37 nach Stephen Roche will auch Tadej Pogacar die Krone mit den drei Zacken. Für den Slowenen zählt am Sonntag im Strassenrennen an der Rad-WM in Zürich nur der Sieg.
Es ist eine inoffizielle Krone und eigentlich müsste sie sogar vier Zacken haben – die Gesamtsiege an den drei grossen Rundfahrten plus der WM-Titel, alles in einem Jahr. Nur ist dies von der Belastung her kaum möglich, obwohl man einen solchen Effort dem Tadej Pogacar der Ausgabe 2024 sogar auch noch zugetraut hätte. Deshalb reichen zwei Rundfahrten. Und Pogacar hat wie Eddy Merckx 1974 und Stephen Roche 1987 mit den Triumphen am Giro und der Tour de France die Grundlage für die mögliche Krönung gelegt.
Nach Tour de France nur noch WM im Kopf
Der 26-Jährige ist in einer beneidenswerten Form. Nach der Tour de France überliess er Remco Evenepoel die Bühne an den Olympischen Spielen in Paris kampflos und auch vergangenen Sonntag beim WM-Zeitfahren weilte er noch nicht in der Schweiz. Dafür machte er vor anderthalb Wochen in Übersee Schlagzeilen. Seine WM-Hauptprobe, das World-Tour-Rennen in Montreal, gewann er solo.
Wäre die WM-Strecke nicht schon seit längerer Zeit bekannt, dann hätte man das Gefühl, sie wäre für einen Coup von Pogacar massgeschneidert worden: 273,9 km, Anstiege mit bis zu 17 Steigungsprozenten und fast 4500 Höhenmeter.
Bereits im Dezember 2023 legte Pogacar die Saisonplanung fest, und Ende Juli nach der Tour de France machte er klar, was für ihn fortan zählt: «Das Regenbogen-Trikot sieht bei Mathieu gut aus, aber mir würde es auch stehen. Es ist mein grosser Traum.» Seit dieser Ankündigung Mitte Juli sind selbst der Titelverteidiger Mathieu van der Poel und Evenepoel – der mit zwei Olympiasiegen und zwei WM-Titeln vor einem (ebenfalls inoffiziellen) Grand Slam steht – Herausforderer und nicht Co-Favoriten.
Wie Pogacar die Stärkeverhältnisse sieht, wird beim Medientreffen im «OYM COLLEGE» in Cham vor knapp hundert Medienschaffenden nicht ganz klar. Der Slowene gibt sehr diplomatisch Antworten, lobt auch die Stärken der Gegner und verzichtet auf angriffige Parolen. «Jeder will dieses Trikot, auch ich. Wenn nicht am Sonntag, dann in den nächsten Jahren», sagt er.
Die Kilometer machen die Differenz
Seine Lobrede zur Strecke lässt aber darauf schliessen, dass 2024 für ihn unbedingt ein Weltmeister-Jahr werden soll. «Es gibt ja nicht nur den 17-Prozent-Anstieg. Überall kann man attackieren. Man hat nirgends Zeit, um sich zu erholen», betont er. Und auf einen allfälligen Sprint angesprochen, fügt er hinzu: «Es wird nicht eine grosse Gruppe zusammen das Ziel erreichen. Und nach 273 km bin auch ich ein sehr guter Sprinter.»
Die Form stimmt, die Strecke passt, aber funktioniert es auch mit dem Team? In diesem Punkt dringen einige Unsicherheiten durch. «Wir fahren selten im Nationalteam», gibt Pogacar zu Bedenken. Hinzu kommt mit Primoz Roglic eine zweite starke slowenische Trumpfkarte, was letztlich das Team lähmen könnte. Der Frage, wie sie einander in der letzten Runde loswerden wollen, weichen sie aus und verweisen an den Nationaltrainer. Diesem hilft der Manager von Pogacars Velo-Hersteller aus der Patsche: «Tadej wird einen Start-Ziel-Sieg hinlegen, damit sein neues WM-Velo möglichst lange im TV-Bild zu sehen ist.» «Dies machen wir», ergänzt Pogacar. «Dann verdienen wir beide gutes Geld.»