«Der Sport hat Suchtpotenzial»
Wenn du das nicht unbedingt können willst, wirst du es nicht lernen. So schwierig ist das.» Mmh. «Wenn du sportlich und sehr fit bist, brauchst du sicherlich 300 bis 500 Versuche, bis dir der Start einmal gelingt. » Eher nichts für mich. «Und wenn du dann endlich auf dem Pump Foil stehst, kannst du noch herzlich wenig. Kehren, steuern, Balance halten und fortbewegen musst du noch lernen. » Nichts für mich.
Die ersten Gesprächsminuten mit dem Lachner Iwan Häni sind abschreckend und faszinierend zugleich. Iwan Häni hat ein besonderes Hobby: Pump Foil. Wer häufiger im Seebecken von Lachen unterwegs ist, wird ihn vielleicht schon gesehen haben. Einen Wassersportler, der mit wippenden Bewegungen sein Board antreibt und aus dem Wasser hebt. Sieht einfach aus, ist es aber nicht.
Was ist Pump Foil? Und was war davor?
«Das Foilen gibt es ja schon seit 30 Jahren. Etwas unter dem Wasser haben, was ins Schweben kommt, um den Gleitwiderstand im Wasser zu reduzieren », beschreibt der 46-jährige Lachner. Am Anfang habe man es zum Segeln benutzt, dann auch zum Kitesurfen. Vor etwa vier Jahren habe man dann angefangen, die Tragflächen gross und grösser zu machen, damit ein Start vom Steg aus möglich wurde. «So ist Pump Foil entstanden.» Häni ist ein Pumpfoiler der ersten Stunde, vor über drei Jahren hat er angefangen. «Und wir Schweizer waren von Anfang an dabei, weil wir alles Flachwasserseen haben, ist das für uns eine prädestinierte Sportart», erklärt der Extremsportler.
Vor seinem Einstieg ins Foilen ist Häni 15 Jahre Skateboard und Snow-board gefahren. Zuvor standen aller-dings noch zu Schulzeiten Fussball und im Studium in Basel das Bike im Mittelpunkt seiner sportlichen Aktivitäten. 2011 hat ein Heuschnupfenanfall seine sportliche Laufbahn von der Strasse aufs Wasser verlegt. «Das kam von jetzt auf gleich, sehr massiv und ich fühle mich viel wohler, wenn ich auf dem Wasser bin», so Häni. Surfen war angesagt. Am liebsten mit dem Bungeeseil oder mit der Seilwinde an der Grynau. Und am allerliebsten fährt er zum Surfen nach Portugal, der ausgedehnte Sandstrand von Praia Grande hat es ihnen besonders angetan. «Das ist ein Paradies für Wellenreiter.»
Die sportliche Familie und die grosse Leidenschaft
Wenn Iwan Häni keine Gutachten im Bereich Metallbau schreibt, dann schraubt und bastelt er in seinem Hobbykeller an neuen Foil Boards oder er ist selbst auf dem Wasser unterwegs. Täglich. «Das ganze Jahr, jeden Tag», sagt er ganz ruhig. «Für mich ist Pump Foil mein Fitnesstraining geworden. Ich brauche es als meine tägliche Fitnesseinheit. » Krafttraining mache er nicht, aber mit den Kindern kleine Challenges. Beispielsweise einarmige Klimmzüge «und so Sachen».
Apropos Kinder, drei sind es. Zusammen mit seiner Frau Monika hat Wassersportler Häni eine Tochter und zwei Jungs. Alle treiben Sport, klar. Jana (17) hat vor geraumer Zeit auch mit Pump Foil begonnen. Finn (16) ist der Trainingspartner von Vater Iwan. Wenn es die Schule zulässt, ist er auch gerne jeden Tag auf dem Zürichsee. This (13) nicht, der spielt Handball. Kann er einfach besser, da ist er mit der SG Wädi/ Horgen in diesem Jahr Schweizer Meister bei den U13-Handballern geworden. Fehlt Monika. «Sie ist sportsüchtig wie ich. Gibt Unterricht als Personal Fitness Trainerin», ergänzt Häni. Das passt ja.
Foilen fürs Alter und die grosse Bastelstunde
«Ich mache eigentlich alles gerne, was mit Körperspannung zu tun hat», verdeutlicht Sportfreund Häni. Diese Grundspannung brauche es beim Pump Foil immer, daher sei es die perfekte Sportart für ihn. «Ich bin überzeugt, du bist im Alter viel fitter, wenn du diese Körperspannung ausreichend trainiert hast.» Natürlich baut Iwan Häni seine Bretter selber. Je schmaler, desto besser, «weil dann das Skateboard-Feeling wieder zurückkommt.» Und wie ist das Gefühl, wenn das Foil das erste Mal aus dem Wasser steigt? «Das ist einfach frei, du hast keinen Widerstand mehr. Es ist ein wenig, wie fliegen.» Es schaut aus, als ob jemand übers Wasser schwebe und genau dieses Gefühl habe man auch auf dem Brett. Man spüre keinen Wasserwiderstand, sondern nur noch die Kräfte vom Korrigieren des Foils. Scheinbar ein Wahnsinnsgefühl, werde ich leider nicht erleben.
Kommen wir mal kurz zu ein paar Fakten: Seit ein paar Monaten gibt es einen neuen Weltrekord im Pump Foil. Der Schweizer Nicolas Iten fuhr Ende Mai mit einem Pump Foil vier Stunden auf dem Sempachersee. Er legte eine Strecke von 54 Kilometern zurück – das ist Weltrekord. Iten ist kein unbeschriebenes Blatt, der 40-jährige Sportlehrer war schon Marathon-Europameister im Inlineskating. «Diese Rekorde sind nur mit einem sehr breiten Foil möglich.» Dieser Weltrekord in der Schweiz kommt nicht von ungefähr, sondern hat einen Grund: «Die grösste Community gibt es in Zürich.» Im Strandbad Tiefenbrunnen bietet das Sportamt Zürich Kurse im Pump Foil an. Oder einfach mal am Obersee in Lachen vorbeischauen und Iwan Häni fragen, der erklärt gerne, wie es funktioniert.
Wie lange dauert eine Pump Foil-Trainingseinheit?
«Der Sport hat Suchtpotenzial», verrät Häni. Darum sei er auch täglich auf dem See. Die normale Trainingseinheit gehe nicht so lange, sondern sei nach 30 bis 60 Minuten beendet. «Das ist so anstrengend, da bist du einfach schnell müde.» Am Anfang sei er immer mit dem Sohn allein am See gewesen, aber nach und nach gäbe es immer mehr Wassersport-Begeisterte, die auch zum Foilen nach Lachen kämen. «Das sollten nicht Hunderte werden, aber ein paar Foilfreaks mehr könnte es schon vertragen.» Im Sommer waren Iwan und Finn auch bei diversen Anlässen im Lachner Hafen zu sehen. Ich auch, aber nicht beim Foilen.
Erde, Luft und Wasser. In der Sommerserie stellen wir sportliche Aktivitäten rund um diese drei Elemente vor. Heute das Element Wasser: Pump Foil.
«Du brauchst sicherlich 300 bis 500 Versuche, bis der Start gelingt.»
Iwan Häni
Pumpfoiler
«Weil dann das Skateboard-Feeling zurückkommt.»