Daniela Ryf: «Ich weiss, dass Rücktritt der richtige Entscheid ist»
Am 1. März erklärte Daniela Ryf den Rücktritt per Ende Jahr. Ein halbes Jahr später macht sie vorzeitig Schluss: «Ich weiss, dass der Rücktritt der richtige Entscheid ist.»
Vor drei Monaten in Solothurn skizzierte die 37-jährige Triathlon-Legende im Gespräch mit Keystone-SDA ihre Pläne. Und dabei sprach sie damals bereits von den Plänen B und C, denn zu dem Zeitpunkt war sie von Verletzungen schon zurückgeworfen worden. Aber die Solothurnerin war guter Dinge, dass sie «nochmals in die Gänge kommt» und sich an Rennen von ihren Fans verabschieden kann.
Daniela Ryf wollte nicht einfach nur noch das eine oder andere Rennen bestreiten: «Ich wollte nochmals Gas geben, nochmals ein gutes Rennen zeigen.» Das grosse Ziel: die Ironman-WM im September in Nizza. Trotz des Trainingsrückstands glaubte Ryf im Mai, dass «ich zwar nicht mehr die Hauptfavoritin sein werde, aber an einem guten Tag ich um den Sieg mitreden kann». Die Absicht war da, nochmals ein grosses Rennen zu gewinnen.
Jetzt steht fest: Daniela Ryf bestreitet keine Rennen mehr. Zuerst sagte sie den Start in San Francisco ab (T100/im Frühling), dann das Rennen in London (T100/im Juli) und jetzt die Ironman-WM und alle übrigen Starts. Schon vor einer Woche fällte sie diesen Entscheid gemeinsam mit Trainer Brett Sutton und ihrem Arzt.
Das «Alptraum-Rennen» zum Karriere-Abschluss
Ihren letzten Triathlon bestritt Ryf demnach im April am Ironman Südafrika. Schon am Tag danach sprach sie von einem «Alptraum-Rennen». Sie qualifizierte sich zwar für die WM in Nizza, verletzte sich in diesem Rennen aber am Steissbein. Ryf: «Irgendwie habe ich gespürt, dass es nicht gut ist, wenn ich dieses Rennen bestreite. Andererseits bin ich auch schon in Rennen gestiegen, als ich mich halb verletzt fühlte, und dann konnte ich die Probleme gut wegstecken. Ich wollte mich für Nizza qualifizieren.»
Das Steissbein! Beim abschliessenden Marathon in Südafrika traten die Schmerzen erstmals auf. Nach dem Rennen wurden die Beschwerden schlimmer. «Ich konnte nicht mehr joggen und traute mich auch nicht mehr aufs Rad.» Daniela Ryf kannte die Schmerzen. Vor sechs Jahren hatte sie das Steissbein gebrochen. «Es fühlte sich genau gleich an wie damals – aber zum Glück war es diesmal nicht gebrochen.»
Letztlich erlaubte die Verletzung aber trotzdem keine weiteren Starts. Als Ursache für die Steissbein-Beschwerden wurde eine Entzündung am Ende des Rückenmarks geortet. Es folgten wieder Behandlungen, weitere Rückschläge und jetzt der Rücktritt.
Zukunftspläne noch nicht spruchreif
Was bleibt, ist der Blick zurück. «Auch wenn das Ende nicht so ist, wie ich mir das erträumt habe: Ich bin enorm dankbar für alles, was passiert ist und wie es passiert ist. Und auch wenn alle immer sagten: ‘Bei der Daniela Ryf läuft immer alles perfekt und wie am Schnürchen…’ Mein Umfeld wusste sehr wohl, dass es immer wieder Rückschläge und mentale Zweifel gegeben hat. Dass ich es immer wieder geschafft habe, alles zu überwinden und über meine Grenzen hinauszugehen, das erfüllt mich mit Stolz.»
Und was bringt die Zukunft für die zehnmalige Weltmeisterin, die auf Hawaii viermal in Serie triumphierte, und zweimalige Sportlerin des Jahres (2015 uns 2018) und wohl grösste Triathletin aller Zeiten? Daniela Ryf: «Ich werde mit dem Triathlon verbunden bleiben. Ich werde an der WM in Nizza vor Ort sein, auch wenn ich nicht starten kann. Es gibt Pläne für die Zukunft, auch wenn die noch nicht spruchreif sind. Ich plane für nächstes Jahr auch eine Auszeit, oder besser ein »Sabbatical«. Ich habe das grosse Glück, dass ich nicht im Januar einen 100-Prozent-Job annehmen muss, um über die Runden zu kommen. Das erachte ich als enormen Luxus.»