Libyens Zentralbank stoppt Arbeit – neue Krise im Land
In Libyen hat die Zentralbank nach der Entführung eines Mitarbeiters die Arbeit eingestellt. Der IT-Leiter sei von «unbekannten Gruppen» entführt und die Arbeit deshalb suspendiert worden. Andere Angestellte hätten entsprechende Drohungen erhalten. Bis zur Freilassung des IT-Arbeiters würden alle Bankgeschäfte und die Arbeit aller Abteilungen und System ausgesetzt. Von dem Schritt ist auch das Depot für Umsätze aus dem staatlichen Ölgeschäft betroffen.
Damit spitzt sich die neue Krise um die zwei verfeindeten Regierungen in dem Land weiter zu. In dem Wüstenstaat in Nordafrika läuft ein langer Kampf um Einfluss und Ressourcen zwischen zwei grossen Lagern. Sie werden angeführt von Ministerpräsident Abdel Hamid Dbaiba und im Westen und Feldmarschall Chalifa Haftar sowie dessen Söhnen im Osten. Das Land ist zutiefst gespalten, es gibt zwei parallel arbeitende Regierungen und Verwaltungen.
In der Zentralbank werden Umsätze aus dem Öl- und Gasgeschäft eingezahlt, die etwa 95 Prozent der staatlichen Einnahmen ausmachen. Die Zentralbank ist unter anderem zuständig für die Zahlung öffentlicher Gehälter, auch im Osten. Sie sei der «höchste Preis» für die in Libyen kämpfenden Gruppen, nämlich die «grössten Devisenreserven Afrikas und das sprudelnde Herz der libyschen, vom Öl angetriebenen Wirtschaft», schrieb Experte Wolfram Lacher von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).
Sorge vor Verschärfung des Konflikts
Der Konflikt im Land wird angeheizt durch andere Länder, die ebenfalls um Einfluss in dem ölreichen Staat ringen. Haftar wird unterstützt vor allem von Russland, die Dbaiba-Regierung von der Türkei. Diese hatte 2020 auch geholfen, eine Offensive von Haftars selbst ernannter Libyschen Nationalarmee (LNA) auf Tripolis abzuwehren. Seitdem war das Land faktisch geteilt, grössere Kämpfe gab es seit dem Sommer 2020 nicht mehr. Nun wird jedoch wieder aufgerüstet und befürchtet, dass eine neue Phase grösserer Kämpfe bevorstehen könnte.