Harris tourt durch Pennsylvania – Trump: «Sehe besser aus»
Kurz vor dem Parteitag der Demokraten in Chicago sind die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris und ihr Vize Tim Walz noch einmal in Pennsylvania unterwegs, um entscheidende Wählerstimmen zu gewinnen. Der Bundesstaat steht im US-Wahlkampf wie die übrigen Swing States im besonderen Fokus beider Parteien. Ebenfalls in Pennsylvania griff der republikanische Kontrahent Donald Trump die Demokratin am Wochenende erneut persönlich an.
Trump: «Ich sehe besser aus als Kamala»
Bei einem Auftritt in Wilkes-Barre behauptete der 78-Jährige unter anderem, er sehe «viel besser» aus als Harris und nannte die 59-Jährige eine «Kommunistin» und «sozialistische Irre» mit dem «Lachen einer Verrückten». Trump hatte insbesondere Frauen in der Vergangenheit wiederholt als «verrückt» verunglimpft. Mit Blick auf Harris erklärte er nun, er werde gebeten, sie nicht als «Irre» zu bezeichnen. «Aber das ist sie. Eine Irre», sagte der Ex-Präsident.
Er warf der Demokratin vor, das Land gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden schlecht zu regieren. Entgegen der teils öffentlichen Empfehlung politischer Verbündeter, sich stärker auf Inhalte zu konzentrieren und persönliche Angriffe zu vermeiden, sprach Trump dabei von «dummen Menschen». Obwohl er anerkannte, dass ihm geraten werde, Schimpfwörter zu vermeiden, betonte Trump, es gebe kein besseres Wort als «dumm». Harris, die nach Bidens Rückzug in Umfragen schnell aufgeholt hat, setzt den Republikaner zunehmend unter Druck.
Mit Pennsylvania will sich Trump im Wahlkampf einen Staat sichern, in dem Erdgasförderung eine grosse Rolle spielt. In Wilkes-Barre versprach er neben Steuererleichterungen auch eine Umleitung von Klimaschutzgeldern in die Infrastruktur sowie die verstärkte Förderung fossiler Energien.
Harris und Walz gehen auf Bustour
Auch Harris ist am Sonntag in Pennsylvania unterwegs. Sie sprach sich einst gegen Erdgasgewinnung durch Fracking aus, was ihr dort schaden könnte. Um Wählerinnen und Wähler von sich zu überzeugen, tingelt sie mit Vize Walz per Bus durch den Staat, begleitet von ihren Ehepartnern Doug Emhoff und Gwen Walz. Die Tour beginnt in Pittsburgh und umfasst mehrere Stopps.
Für Harris und Walz dürften die kommenden Tage turbulent werden: Am Montag beginnt in Chicago im Bundesstaat Illinois der Parteitag der Demokraten. Harris’ Nominierung zur Kandidatin hätte nach Bidens Rückzug eigentlich dort stattfinden sollen, wurde aus bürokratischen Gründen aber schon digital abgewickelt. Die Versammlung in Chicago dürfte deshalb primär dazu dienen, dem Demokraten-Duo Schwung für den restlichen Wahlkampf zu geben – und dieser entscheidet sich letztlich in den Swing States.
Swing States im Fokus
Während die meisten der 50 Bundesstaaten fest den Republikanern oder den Demokraten zugerechnet werden, sind einige wenige politisch hart umkämpft. Enge Rennen werden neben Pennsylvania auch in Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, North Carolina und Wisconsin erwartet.
Die besondere Rolle der Swing States ergibt sich aus dem US-Wahlsystem: Die Wählerinnen und Wähler entscheiden mit ihren Stimmen über die Zusammensetzung eines 538-köpfigen Wahlkollegiums, das dann im Dezember den Präsidenten oder die Präsidentin wählt. Für einen Sieg benötigen die Kandidaten nicht die meisten Wählerstimmen insgesamt, sondern die Mehrheit der 538 Wahlleute – also mindestens 270.
Die Anzahl der Wahlleute pro Staat richtet sich dabei ungefähr nach der Bevölkerungsgrösse. Kalifornien stellt beispielsweise 55 Wahlleute, Delaware nur drei. Aufgrund des in fast allen Staaten geltenden Mehrheitswahlrechts erhält der Gewinner eines Staates alle seine Wahlleute – selbst bei knappen Siegen. Das macht Swing States so entscheidend für den Wahlausgang, insbesondere das vergleichsweise bevölkerungsreiche Pennsylvania.
Ausgewogene Repräsentation oder undemokratisch?
Allerdings ist die Verteilung der Wahlleute nicht streng proportional zur Bevölkerungszahl. Viele Staaten mit weniger Einwohnern sind verhältnismässig stärker vertreten. Befürworter argumentieren, dass dies eine ausgewogenere Repräsentation gewährleistet. Gegner kritisieren, dass ein Wahlsieg somit nicht unbedingt mit der Mehrheit der Wählerstimmen einhergehen muss. Bei US-Präsidentschaftswahlen wird zwischen der tatsächlichen Wählermehrheit («popular vote») und der Mehrheit im Wahlkollegium («electoral vote») unterschieden.
So gewann etwa Trump 2016 durch knappe Siege in mehreren Swing States die Präsidentschaft, obwohl seine demokratische Gegnerin Hillary Clinton landesweit fast drei Millionen mehr Wählerstimmen erhielt. Nach seiner Niederlage gegen Biden 2020 zweifelte der Republikaner dann ohne Grundlage die Wahlergebnisse in etlichen Swing States an. Trumps Versuche, das Ergebnis in Georgia zu kippen, brachten ihm einerseits ein juristisches Nachspiel ein. Sie unterstreichen andererseits aber auch die grosse Bedeutung von Swing States im US-Wahlkampf.