Ermittlungen gegen Bangladeschs Ex-Regierungschefin
Nach den jüngsten Unruhen in Bangladesch drohen der früheren Regierungschefin Sheikh Hasina Ermittlungen wegen des Todes eines Teilnehmers an den Protesten im Land. Ein örtlicher Geschäftsmann habe eine Klage gegen Hasina sowie sechs andere Personen einschliesslich zweier ehemaliger Kabinettsmitglieder und hochrangiger Polizeibeamte beim Amtsgericht in der Hauptstadt Dhaka eingereicht, sagte der Anwalt Anwarul Islam. Darin werde Hasina beschuldigt, für den Tod des Ladenbesitzers Abu Sayeed am 19. Juli verantwortlich zu sein. Sayeed sei durch Schüsse von Polizisten tödlich getroffen worden, als diese gegen protestierende Studenten vorgegangen seien. Hasina habe das scharfe Vorgehen angeordnet. Nach den Angaben des Anwalts, der den Geschäftsmann Amir Hamza vertritt, akzeptierte das Gericht die Klage und wies die Polizeibehörde an, gegen Hasina und die anderen Beschuldigten zu ermitteln. Hamza selbst war nach Berichten bangladeschischer Zeitungen nicht mit Sayeed verwandt. Er habe sich aus eigenem Antrieb an das Gericht gewandt. Es sei das erste Mal seit Hasinas Flucht aus ihrer Heimat Anfang August, dass gegen die frühere Ministerpräsidentin ermittelt werde. Hasina, die 15 Jahre ununterbrochen Regierungschefin war, hatte das Land zunehmend autoritär regiert. Angesichts der wochenlangen Strassenproteste verliess die 76-Jährige fluchtartig ihr Land in Richtung Indien. Örtlichen Medien zufolge starben bei gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Polizisten sowie bei Gewalt nach ihrer Flucht mehr als 400 Menschen.
Die Proteste richteten sich anfangs gegen die geplante Wiedereinführung eines kontroversen Quotensystems im öffentlichen Dienst. Später forderten die Demonstranten den Rücktritt Hasinas. Es gab Angriffe gegen Polizeistationen, Geschäfte, Häuser sowie Büros von Anhängern Hasinas. Die Ex-Regierungschefin verhängte Ausgangssperren, schränkte das Internet zeitweise stark ein und entsandte Soldaten sowie Polizisten, um die Proteste niederzuschlagen. Nach ihrer Flucht wurde mit dem Rückhalt des Militärs eine Übergangsregierung unter Führung des Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus eingesetzt.