Keine Ausschussvorsitze für Rechtsaussen-Fraktionen in EU-Parlament
Im Europaparlament werden die beiden Rechtsaussen-Fraktionen keine Ausschussvorsitzenden stellen. Sowohl das Bündnis um Ungarns Regierungschef Viktor Orban, die «Patrioten für Europa», als auch die Fraktion «Europa Souveräner Nationen» (ESN), in der die AfD stärkste Kraft ist, gingen bei der Postenverteilung leer aus, wie aus Angaben des Parlaments hervorgeht. Damit hat die in Brüssel und anderswo als «Cordon sanitaire» bezeichnete Brandmauer gegen rechts der proeuropäischen Fraktionen vorerst gehalten.
Eigentlich sollen die Ausschussvorsitze in Brüssel nach einem nach dem Belgier Victor d’Hondt benannten Verfahren vergeben werden. Das System des Mathematikers wird unter anderem dafür genutzt, Stimmen von Wählerinnen und Wählern möglichst gut in Sitze umzurechnen. Es ist vorgesehen, aber nicht vorgeschrieben, die D’Hondt-Methode für die Verteilung von Ausschussvorsitzen zu verwenden. Da unter anderem die drittgrösste Fraktion im Europaparlament nun keinen Ausschussvorsitz übernimmt, wurde von dem System abgewichen.
Alle anderen Fraktionen bekommen Leitungsposten
Insgesamt wurden 20 Ausschussvorsitze sowie vier Vorsitze für Unterausschüsse vergeben. Dabei konnte das Mitte-Rechts-Bündnis EVP, zu dem auch CDU und CSU gehören, acht Leitungsposten für sich gewinnen. Die Sozialdemokraten stellen künftig fünf Vorsitzende und die Liberalen drei.
Auch die rechtskonservative EKR-Fraktion besetzt künftig drei Ausschussspitzen. Eine Grünen-Politikerin sowie ein Grünen-Politiker konnten ebenfalls Ausschussvorsitze erhalten, die Linken-Fraktion bekam ebenso zwei dieser Posten. Darüber hinaus leitet eine Politikerin der Partei Volt eines der Gremien.
Vor der Wahl hatte es unter anderem Debatten darüber gegeben, ob der «Cordon sanitaire» auch für Parteien der EKR-Fraktion gelten müsse. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte es vor ihrer Wahl nicht ausgeschlossen, sich beispielsweise auch mit Stimmen aus der Partei von Italiens rechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wählen zu lassen.
Ähnliche Lage in Berlin
Einen ähnlichen Konflikt gibt es auch im Deutschen Bundestag. Die AfD kämpft derzeit in Karlsruhe dafür, dass sie den Vorsitz in mehreren Ausschüssen bekommt. Das Bundesverfassungsgericht will bis September klären, ob Mitwirkungs- und Teilhaberechte der AfD-Fraktion aus dem Grundgesetz die Geschäftsautonomie des Bundestags einschränken. Insbesondere wollen sich die Karlsruher Richter und Richterinnen ein «genaueres Bild von der bisherigen parlamentarischen Praxis und Tradition» machen, wie Vize-Gerichtspräsidentin Doris König im März sagte.