Trump nach Attentat wieder im Wahlkampf – Biden in Not
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat seine erste Wahlkampfkundgebung nach dem Attentat auf ihn genutzt, um gegen seinen strauchelnden Kontrahenten Joe Biden auszuteilen.
Trump trat gemeinsam mit seinem neuen Vizepräsidentschaftskandidaten J.D. Vance in Grand Rapids im Bundesstaat Michigan auf – genau eine Woche, nachdem ein Attentäter bei einer ähnlichen Veranstaltung im Bundesstaat Pennsylvania auf ihn geschossen und ihn leicht verletzt hatte. Trump gab sich angriffslustig wie eh und je und spottete über die Probleme des demokratischen Amtsinhabers Biden, der mit einer Rebellion in seiner eigenen Partei konfrontiert ist.
Ein Schütze hatte eine Woche zuvor auf einer Wahlkampfveranstaltung in der Stadt Butler im Bundesstaat Pennsylvania das Feuer eröffnet und auf Trump geschossen. Der Täter wurde von Sicherheitskräften getötet. Ein Besucher der Kundgebung starb, zwei weitere wurden verwundet. Trump wurde am rechten Ohr verletzt. Der Vorfall war eine Eskalation im ohnehin schon aufgeheizten US-Wahlkampf.
Einzelheiten zu Trumps Verletzungen werden publik
Trumps Team veröffentlichte erstmals Details zu dessen Schusswunde. Bei dem Attentat habe die Kugel den Kopf des Ex-Präsidenten um weniger als einen Zentimeter verfehlt, teilte Trumps Arzt Ronny Jackson in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Der Schuss habe den oberen Teil von Trumps rechtem Ohr getroffen und eine etwa zwei Zentimeter breite Wunde verursacht. Diese sei dabei, richtig zu heilen. Insgesamt gehe es Trump gut, und er erhole sich wie erwartet von der Attacke. Jackson betonte zugleich: «Es ist ein absolutes Wunder, dass er nicht getötet wurde.»
In Grand Rapids sagte Trump vor jubelnden Anhängern mit Blick auf das Attentat erneut: «Ich stehe nur durch die Gnade des allmächtigen Gottes vor euch.» Erstmals präsentierte sich Trump bei einer Wahlkampfkundgebung gemeinsam mit seinem neuen Vize Vance. Bei einem Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee hatten die Delegierten die beiden vor wenigen Tagen offiziell zum Kandidaten-Duo für die Präsidentenwahl im November gekürt. «Ich habe die richtige Wahl getroffen», sagte Trump über seinen neuen Kompagnon. «Er ist so gut.»
Trump schwärmte über das Treffen seiner Partei in Milwaukee. «Es war wie ein grosses, schönes, viertägiges Fest der Liebe.» Es habe keinen Streit gegeben, kein Geschrei, kein Gebrüll.
Schadenfreude über Bidens Krise
Der Republikaner spottete dagegen über den im August anstehenden Nominierungsparteitag der Demokraten. «Sie haben ein paar Probleme. Erstens: Sie haben keine Ahnung, wer ihr Kandidat ist.» Trump verwies damit auf die Revolte der Demokraten gegen ihren Spitzenmann Biden, der bei der Wahl im November für eine zweite Amtszeit antreten will. Der 81-Jährige steht wegen seines Alters und Zweifeln an seiner geistigen Fitness jedoch massiv unter Druck. Eine wachsende Zahl von Parteikollegen ruft Biden öffentlich auf, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen.
Trump machte sich bei seinem Auftritt mehrfach über den demokratischen Amtsinhaber lustig. Biden finde nicht alleine den Weg von einer Bühne. «Er hat keine Ahnung, was er tut.» Der Republikaner verunglimpfte seinen Konkurrenten als «schwachen alten Mann» und «dummen Menschen», der sich mit Faschisten, Kommunisten und schlechten Menschen umgebe.
Offensiv ging Trump auch Vizepräsidentin Kamala Harris an, die im Fall eines möglichen Rückzugs von Biden aus dem Wahlkampf als wahrscheinlichste Ersatzkandidatin gilt. «Sie ist verrückt», wetterte Trump. Das könne er an ihrem Lachen erkennen. «Sie ist irre.»
Druck auf Biden wächst unaufhörlich
Der kollektive Druck von Demokraten auf Biden wird derweil immer stärker. Unaufhörlich und in zunehmender Zahl wagen sich weitere Demokraten aus dem US-Kongress vor, um ihren Parteikollegen öffentlich zum Ausstieg aus dem Präsidentschaftsrennen aufzufordern. Zuletzt machten ein Dutzend weitere Demokraten innerhalb von 24 Stunden eine Rückzugsforderung an Biden publik. Auch der Ton wird dabei rauer. So gab ein Abgeordneter öffentlich zum Besten, Biden haben ihn jüngst bei einer Begegnung nicht mehr erkannt.
Hinter den Kulissen versucht Medienberichten zufolge auch die allererste Reihe der Partei, Biden zum Rückzug zu bewegen, darunter die beiden Top-Demokraten aus dem Kongress, Chuck Schumer und Hakeem Jeffries, wie auch die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses und weiterhin einflussreiche Demokratin, Nancy Pelosi. Bidens früherer Chef, Ex-Präsident Barack Obama, soll ebenfalls Bedenken geäussert haben.
Biden, der sich derzeit wegen einer Corona-Infektion in seinem Privathaus in Rehoboth Beach im Bundesstaat Delaware isoliert und öffentlich nicht auftritt, gibt sich nach aussen hin bislang unbeeindruckt von der parteiinternen Rebellion und kündigte für die kommende Woche seine Rückkehr auf die Wahlkampf-Bühne an. US-Medien zufolge schliesst der 81-Jährige angesichts des enormen Widerstandes in den eigenen Reihen insgeheim einen Ausstieg aus dem Rennen aber nicht mehr kategorisch aus.
Öffentlich hat Biden alle Rückzugsforderungen bisher entschieden zurückgewiesen. Auch sein Wahlkampfteam betont beharrlich, er habe nicht vor, hinzuschmeissen.