Keine Augen für den Eiffelturm
Ein gewöhnliches Turnier - und eben doch nicht. Tanja Hüberli und Nina Brunner fühlen sich besser vorbereitet als vor drei Jahren. und freuen sich vor allem auf diesmal viele Fans.
Die Beachvolleyballerinnen gehören zur privilegierten Sorte Sportler. Ein Job im Sand, oft am Meer und bei Sonne. Gerade bei Olympia durften sie häufig in grandiosen Wettkampfstätten auftreten: 2004 im Hafen von Faliraki, 2012 in London auf dem königlichen Paradeareal, 2016 an der weltberühmten Copacabana in Rio. Diesmal schlagen die Beachvolleyballer direkt vor dem Eiffelturm auf.
Tanja Hüberli lacht und sagt: «Das spielt mir jetzt nicht eine so grosse Rolle.» Trotz der schönen Arbeitsumgebung bleibt es eben auch ein Job, den die 1,90 m grosse Schwyzerin mit ihrer Zentralschweizer Kollegin Nina Brunner in Paris bestmöglich erledigen will. Das Ziel ist klar: eine Medaille, auch wenn es die beiden nicht so direkt formulieren wollen.
Lieber keine konkreten Ziele
Die bisherige Saison mit dem Sieg beim Elite16-Turnier in Tepic und einem 2. Platz bei einem weiteren Event der höchsten Kategorie in Espinho rechtfertigt hohe Ambitionen. Der Hexenschuss, der Hüberli zuletzt am Training hinderte und die beiden zum Verzicht auf die Turniere in Gstaad und Wien zwang, ist überwunden. «Wir tun uns immer ein wenig schwer, uns Ziele im Sinn von Platzierungen zu setzen», beschwichtigt Nina Brunner dennoch. «Wir haben in der Vergangenheit gemerkt, dass uns das nicht so liegt.»
Als je zweifache Europameisterinnen und EM-Zweite sowie Olympia-9. von Tokio spielen Hüberli/Brunner schon lange in der Weltelite. Dennoch sagt Hüberli: «Wir sind schon etwas überrascht, wie gut es diese Saison gelaufen ist und auf welchem Level wir spielen. Wir sind in unserer Entwicklung an einem coolen Ort.» Ein solcher ist natürlich auch das temporäre Eiffelturm-Stadion für 12’000 Zuschauer. Wichtiger als die Location ist für die beiden Athletinnen aber der Fakt, dass es wieder Fans haben wird.
Cool, wenn ein bisschen was läuft
In Tokio fehlten diese wegen der Corona-Einschränkungen komplett. Trotzdem spürten Hüberli und Betschart auch da, und zu ihrer eigenen Überraschung, wie sehr Olympische Spiele eben doch etwas anderes sind als jedes andere Turnier. «Ohne Zuschauer hätte man ja meinen können, dass man nicht besonders aufgeregt ist», erinnert sich Tanja Hüberli. «Aber du spürst trotzdem, dass das etwa Grosses ist.» Dass sie dieses Gefühl nun schon kennen, werten sie als Vorteil. Die Atmosphäre mit den Fans sowieso.
«Wir sind zwei Spielerinnen, die es cool finden, wenn ein bisschen etwas läuft», erzählt Nina Brunner mit strahlenden Augen. Die 28-jährige Zugerin ist seit knapp drei Jahren mit dem Eishockey-Profi Damien Brunner verheiratet und kennt die Stimmung in einem vollen Stadion. «Das pusht einen, das ist auch bei uns so.»
Geduld gefragt
In Paris werden sie allerdings auch ein wenig mehr Geduld brauchen als üblich. Eigentlich wollen sie es wie ein ganz gewöhnliches Turnier angehen, aber ganz gelingen wird das nicht, das sind sich die beiden bewusst. Da ist zum einen die nochmals deutlich grössere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und zum anderen der andere Ablauf als bei Anlässen auf der World Tour.
Da nur auf einem Court gespielt wird, gibt es höchstens einen Einsatz pro Tag und dazwischen allenfalls auch wieder einen spielfreien Tag. «Das Turnier dauert zwei Wochen – üblich sind sonst vier Tage», erklärt Hüberli. «Das ist ungewohnt.» Vielleicht bleibt da ja dann vielleicht doch noch etwas Zeit und Musse, den Eiffelturm etwas intensiver zu bestaunen.