In Frankreich keine neue Regierung in Sicht
In Frankreich ist nach der Parlamentswahl keine neue Regierung in Sicht. Nach der Niederlage des Mitte-Lagers von Präsident Emmanuel Macron ist es dem siegreichen Linksbündnis bisher nicht gelungen, sich auf einen Kandidaten für das Amt des Premierministers zu einigen und weitere Partner für eine regierungsfähige Mehrheit im Parlament zu finden.
Zu keinem Ergebnis haben bislang auch die Bemühungen des Präsidentenlagers geführt, die konservativen Républicains, die Sozialisten oder weitere Partner für eine grosse Koalition oder die Tolerierung einer Minderheitsregierung zu gewinnen.
Macron beklagte bei einem Treffen mit führenden Vertretern seines Lagers im Élyséepalast das «katastrophale Schauspiel», das sein Lager diese Woche geboten habe, berichteten die Zeitungen «Le Figaro» und «Le Parisien» unter Verweis auf Teilnehmer.
Sozialisten und Linkspartei buhlen um Vorherrschaft
Das neue Linksbündnis aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei La France insoumise pocht zwar seit Tagen darauf, dass der Präsident zügig einen neuen Premierminister aus seinen Reihen ernennt. Die interne Kandidatensuche bleibt aber zäh. «Wir können keine Einigung zwischen den Vorschlägen von La France Insoumise und den Sozialisten erzielen», sagte Kommunistenchef Fabien Roussel, wie der «Figaro» berichtete. Beide Parteien bemühen sich um eine Vorherrschaft im Linksbündnis.
Bei dem Kräftemessen wollen die Sozialisten nach Informationen der Zeitung «Les Échos» ihren Chef Olivier Faure als Kandidaten durchsetzen, während es der Linkspartei trotz der Benennung diverser möglicher Kandidaten im Kern darum gehen soll, ihren Anführer Jean-Luc Mélenchon als Premierminister zu installieren. Mit seinem autokratischen und polemischen Agieren ist Mélenchon vielen bis hin in der eigenen Partei inzwischen ein Dorn im Auge. Aber seinen Rückzug hat der altlinke Stratege längst noch nicht erklärt.
Macron könnte Rücktritt von Premier Attal annehmen
Am kommenden Donnerstag kommt die neugewählte Nationalversammlung zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Wenn das bisherige Regierungslager zuvor keine Möglichkeit gefunden hat, sich die Macht doch noch über eine Koalition zu sichern, werde Macron das zunächst «für die Stabilität des Landes» abgelehnte Rücktrittsgesuch von Premierminister Gabriel Attal dennoch annehmen, berichteten «Le Figaro» und «Le Parisien».
Attal und seine Regierungsmannschaft wären im Anschluss dann zwar nur noch geschäftsführend im Amt, können aber auch nicht mit einem Misstrauensvotum gestürzt werden.
Macron hatte die Nationalversammlung im Juni nach der herben Niederlage seiner Partei bei den Europawahlen aufgelöst und Neuwahlen angekündigt. Er setzte darauf, die relative Mehrheit seiner Mitte-Kräfte im Unterhaus auszubauen. Stattdessen landete sein Lager hinter dem Linksbündnis auf Rang zwei, vor dem Rassemblement National von Marine Le Pen, dass nach dem Ergebnis der ersten Wahlrunde und Umfragen lange als Favorit der Wahl galt.