EU startet Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine
Die Europäische Union hat die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine eröffnet. Vertreter des von Russland angegriffenen Landes und der EU kamen dazu am Dienstag in Luxemburg zu einer ersten sogenannten Regierungskonferenz zusammen.
«Dies ist ein historischer Moment für uns alle und ein Meilenstein in unserer Beziehung», sagte die belgische Aussenministerin Hadja Lahbib im Namen der EU zum Auftakt der Gespräche. Der Erweiterungsprozess sei eine geopolitische Investition in Frieden, Sicherheit, Stabilität und Wohlstand.
Wie lange die Beitrittsverhandlungen dauern werden und ob sie überhaupt zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden können, ist offen. Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wurden beispielsweise bereits 2005 gestartet – sie liegen allerdings heute nach fortdauernden Rückschritten des Landes in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte vollständig auf Eis.
Grosser Tag für die Ukraine
Für die Menschen in der Ukraine gilt die Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen dennoch als wichtiges Zeichen dafür, dass es sich lohnt, den Abwehrkampf gegen Russland weiter fortzusetzen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bereits am Montag von einem «historischen Ereignis» gesprochen. «Das ist der Tag, auf den die Ukraine seit Jahrzehnten zustrebt. Und nun wird es Wirklichkeit. Die Ukraine wird niemals vom Pfad zu einem vereinten Europa abzubringen sein, zu unserem gemeinsamen Zuhause für alle europäischen Nationen», sagte er in einer in Kiew verbreiteten Videobotschaft.
Die belgische Aussenministerin Lahbib erinnerte am Dienstag daran, dass weitere Fortschritte im Beitrittsprozess an die Erfüllung von Bedingungen geknüpft sind und theoretisch auch wieder rückgängig gemacht werden können. «Die EU erwartet von der Ukraine, dass sie weiterhin Verantwortung übernimmt und die Glaubwürdigkeit ihrer Zusagen und ihres politischen Willens durch die Umsetzung notwendiger Reformen (…) zeigt», sagte sie.
EU mahnt weitere Reformen an
Als konkretes Beispiel nannte sie Reformen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, die Stärkung der demokratischen Institutionen und eine Reform der öffentlichen Verwaltung. Besonderes Augenmerk sollte demnach auf die Justizreform, den Kampf gegen Korruption sowie den Schutz und die diskriminierungsfreie Behandlung von nationalen Minderheiten gelegt werden. Letzterer Punkt ist vor allem für das EU-Land Ungarn wichtig, das eine ungarische Minderheit in der Ukraine als benachteiligt ansieht und immer wieder mit einer Blockade des Beitrittsprozesses gedroht hat.
Auf der Tagesordnung der ersten Regierungskonferenz am Dienstag stand eine Vorstellung der Leitlinien und Grundsätze für die Verhandlungen durch die EU. Erste inhaltliche Gespräche dürften nach Angaben von Diplomaten im Verlauf der nächsten zwölf Monate beginnen. Bis dahin muss die EU-Kommission noch in einem sogenannten Screening prüfen, inwieweit das nationale Recht der Beitrittskandidaten noch vom EU-Recht abweicht.
Verhandlungen auch mit Moldau
Nach der Ukraine sollte am Abend auch noch deren kleines Nachbarland Moldau den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen feiern können. Beide Länder hatten zuletzt im Beitrittsprozess gleichzeitig wichtige Hürden genommen.