Torstein Träen blickt am Gotthard auf eine bewegte Zeit zurück
Torstein Träen feiert mit 28 seinen ersten Sieg als Radprofi. Der Norweger ist auf dem Gotthard, dem Dach der diesjährigen Tour de Suisse, ganz oben angekommen. Noch vor Kurzem war er ganz weit unten.
Mit dem Triumph von Torstein Träen in der Königsetappe der Tour de Suisse hat wohl niemand gerechnet, nicht mal der Überraschungssieger selbst. «Ich wusste nicht, dass es hier oben Kopfsteinpflaster hat», zeigte sich der 28-Jährige im Interview mit SRF überrascht, nachdem er, vorbei an den meterhohen Schneemauern, die alte Passstrasse zum Gotthard hoch gemeistert hatte.
Während andere im Ziel schnell das Weite suchten, konnten die Kälte und der bissige Wind auf über 2000 Meter über Meer Träen nicht viel anhaben. «Ich bin Norweger», entgegnete er Moderator Olivier Borer mit einem Schmunzeln. Locker und offen gab Träen Auskunft, wie er eben zu seinem ersten Sieg als Profi gekommen war. «Das Team hat mich gefragt, wie ich mich fühle, da habe ich gesagt: ‘Es geht mir gut, aber ich habe keine Beine.’ Und plötzlich kam die Kraft.»
Schockdiagnose
Träen liess tief blicken, erzählte über seine bewegte Vergangenheit. Wie er nach einer Dopingkontrolle an der Katalonien-Rundfahrt 2022 den Rat bekam, sich im Spital untersuchen zu lassen. Dann der Schock: «Auf den Tag genau vor zwei Jahren sagten mit die Ärzte, dass ich mir wegen Hodenkrebs einer Operation unterziehen müsse.» Träen hatte Glück im Unglück. Wegen der frühen Diagnose kam er um eine Chemotherapie herum. Zwei Monate später bestritt er wieder Rennen.
Auch diese Saison hielt für den Nordländer eine unschöne Überraschungen bereit. In einem seiner ersten Rennen für sein neues Team Bahrain-Victorious brach er sich im Januar bei der Tour Down Under den Ellbogen.
Der Rucksack all dieser Erfahrungen hat Träen nicht daran gehindert, am Mittwoch seinen bislang grössten Erfolg der Karriere einzufahren. Im Gegenteil: Er wirkte geradezu beflügelt. Der Norweger ist auf dem Dach der diesjährigen Tour de Suisse im wahrsten Sinn ganz oben angekommen.
Ein Sieg für Gino
Dass er sich kurz vor dem Ziel auf dem Gotthard auch den Bergpreis sicherte, machte seinen Solosieg doppelt speziell. Diese Spezialwertung mit dem Namen #rideforgino GPM haben die Organisatoren in Gedenken an Gino Mäder initiiert, der im letzten Jahr am Albulapass tödlich verunglückte.
Mäders Mutter war es, die Träen den Preis bei der Siegerehrung überreichte. Der Sieger steht im gleichen Team unter Vertrag wie damals Mäder. «Er war ein guter Kollege und wir vermissen ihn sehr», sagte Träen. «Diesen Sieg widme ich Gino.»