Schweizer Zeitfahr-Asse enttäuscht, aber auf gutem Weg
Sie wollten das Leadertrikot der Tour de Suisse erobern, gehören in Vaduz aber zu den Geschlagenen. Gleichwohl wollen Stefan Bissegger und Stefan Küng den Blick schnell wieder nach vorne richten.
Es sollte nicht sein mit einem Schweizer Zeitfahr-Sieg zum Start der 87. Tour de Suisse. Drei Sekunden trennten Stefan Bissegger vom grossen Glück. «Momentan bin ich etwas enttäuscht.» Sein Kurzauftritt im Ländle über knapp fünf Kilometer stimmte den Schweizer Zeitfahr-Meister aber positiv. «Ich habe eine gute Leistung gezeigt. Schade, dass es wieder nicht geklappt hat mit dem Sieg.»
Ganz nach vorne reichte es Bissegger in einem Rennen mit internationalem Charakter zuletzt im August 2022, als er sich in der Nähe von München zum Europameister im Zeitfahren kürte. In der letzten Saison ist es dem 25-Jährigen vom Team EF Education-Easy Post dann kaum mehr gelungen, sein Potenzial abzurufen.
Trainingspläne über Bord geworfen
Die neuen Trainingsmethode, die laut Studien zu einem Leistungssprung hätten führen sollen, schlugen bei ihm nicht an. «Das hat für mich nicht funktioniert. Deshalb bin ich nun wieder ‘old school’ unterwegs und trainiere so wie einst unter meinem früheren Trainer Marcello Albasini», erklärt Bissegger. Das scheint sich für ihn auszuzahlen. «Die Richtung stimmt», hält er fest.
Nun möchte Bissegger sich für einen Startplatz an den Sommerspielen in Paris aufdrängen. Weitere starke Auftritte an der Heimrundfahrt würden seine Chancen, von Swiss Cycling für eine Selektion vorgeschlagen zu werden, natürlich erhöhen. Doch Bissegger wird in seinem Team, das mit Strassen-Olympiasieger Richard Carapaz auf die Gesamtwertung setzt, in den nächsten Tagen vorderhand Helferdienste verrichten müssen. Das wird auch bei der Tour de France so sein, zu der er aller Vorsicht nach in knapp drei Wochen in Florenz starten wird.
Geschwächter Küng
Stefan Küng hatte mit Vaduz noch eine Rechnung offen, nachdem er vor zwei Jahren das Schlusszeitfahren in seiner zweiten Heimat als Dritter beendet hatte. Doch zum Sieg fehlte dem schweizerisch-liechtensteinischen Doppelbürger zu Beginn der achttägigen Rundfahrt einiges. Mit elf Sekunden Rückstand reichte es Küng lediglich zu Rang 8.
«Das Gefühl auf dem Velo war nicht so, wie es sein sollte. Das habe ich früh gemerkt», meint Küng. Eine Erklärung dafür war schnell gefunden. Die Bronchitis, die ihn in der unmittelbaren Vorbereitung beeinträchtigt hatte, hinterliess offensichtlich seine Spuren. «Ich dachte, es wird klappen heute. Doch die Vorbereitung war nicht optimal. Mir hat die Spritzigkeit gefehlt.»
Der Job als Veloprofi sei eben nicht mit einem Beruf im Büro zu vergleichen, so Küng. «Wenn im Spitzensport fünf bis zehn Prozent fehlen, kann man das nicht wettmachen.» Am neuen Zeitfahrvelo, das am Sonntag zum ersten Mal rennmässig zum Einsatz kam und von dem sich Küng einiges verspricht, habe es nicht gelegen. «Auch mit dem schnellsten Velo der Welt brauchst du gute Beine – und die haben heute gefehlt.»
«Besser jetzt als kurz vor Olympia»
Auch wenn er gerne gewonnen hätte, wird er der verpassten Chance nicht lange nachtrauern. «Abhaken und vorwärts schauen. Ich denke, die Form stimmt.» Die weiteren Tage an der Tour de Suisse wird der Zeitfahr-Silbermedaillengewinner von 2022 als Vorbereitung auf sein grosses Ziel in diesem Sommer nutzen. Ende Juli will Küng in Paris eine Medaille im olympischen Zeitfahren gewinnen – und sagt deshalb: «Besser jetzt eine Bronchitis einfahren, als eine Woche vor Olympia.»