Die Stimmen zum historischen Schweizer Leichtathletik-Abend
Mit vier Podestplätzen am Super Saturday von Swiss Athletics an der EM in Rom werden die Erwartungen übertroffen. Und auch die fünfte Medaillen-Kandidatin macht als Vierte nichts falsch.
Der Gewinn einer Medaille am Grossanlass ist nie ein Selbstläufer. Bei Simon Ehammer und Ditaji Kambundji hingegen war die Ausgangslage derart vielversprechend, dass das Podium dem Minimalziel gleichkam.
«Ich darf nicht jammern. Wieder über 8,30 m», kommentierte Simon Ehammer die Bronzemedaille im Weitsprung. Nach dem Paukenschlag in der Qualifikation hatte er im Vorfeld noch von Schweizer Rekord (8,45) und höheren Ambitionen gesprochen. Die Anmerkung, in Anbetracht der Leistungen von Miltiadis Tentoglou und Mattia Furlani habe er Bronze gewonnen statt Silber oder Gold verloren, wollte er nicht ganz gelten lassen. «Der Sprung auf 8,31 m war technisch nicht perfekt, ich kriegte Vorlage in der Luft. Silber wäre möglich gewesen, aber Miltiadis war zu stark.»
Das angesprochene Optimum holte Ditaji Kambundji über 100 m Hürden heraus. Trotz Schweizer Rekord in 12,40 Sekunden lag die Französin Cyréna Samba-Mayela (12,31) ausser Reichweite. «Man arbeitet sich hoch», witzelte die EM-Dritte von München 2022 über Platz 2. «Die Form ist da, die Zeit ist da. Ich bin zufrieden mit Silber», betonte sie. Den mässigen Auftritt im Halbfinal, der ihr im Endlauf die Aussenbahn 8 bescherte, kommentierte sie mit den Worten: «Für eine Medaille muss man nur einmal schnell laufen.»
Joseph nutzt die Gunst der Stunde
Ditaji Kambundjis Aussage widerlegte Jason Joseph, der wenig später über 110 m Hürden in 13,43 Sekunden – er senkte vergangenen September den Schweizer Rekord auf 13,07 – Bronze gewann. «Diese Zeit müsste ich in Jeans und Turnschuhen laufen», meinte er. «Letztlich ist es eine Medaille. Ich will zufrieden sein. Aber die Siegerzeit hätte ich auch drauf». Joseph musste im Vorfeld der EM ein paar Wochen pausieren und bestritt am Samstagabend erst den zweiten Wettkampf-Tag der Saison. Unter diesen Voraussetzungen liegen 13,05 Sekunden nicht drin.
Anders als im Hürdensprint präsentierte sich das Level im Siebenkampf auf sehr hohem Niveau, zum Leidwesen von Annik Kälin. «Platz 4 ist undankbar, aber gegen diese Punktzahlen kann ich nicht viel ausrichten», sagte sie. Obwohl die Bündnerin im Vorfeld mit Knieproblemen zu kämpfen hatte, kam sie nahe an den Schweizer Rekord heran. «Es war ein solider Wettkampf mit einem Highlight im Weitsprung», bilanzierte sie. Der Schweizer Rekord (6,84 m) ist zwar nicht so viel wert wie eine Medaille, aber er gibt ihr zumindest ein gutes Gefühl für den zweiten Einsatz an dieser EM.
Lobalu lässt Schweizer Flagge nicht los
Ehammer hatte am frühen Samstagabend die Schweiz in den Medaillenspiegel gebracht und prognostizierte noch zwei weitere Einträge. Dominic Lobalu sorgte dafür, dass dieser Tipp zu tief angesetzt war. Immer noch in der Schweizer Fahne eingehüllt erschien er zum Medientreff im Bauch des Olympiastadions. «Ich kann nur danken. Dem Trainer für fünf Jahre Arbeit und der Schweiz, meinem neuen Land», betonte der 25-Jährige. Der im Südsudan geborene Läufer hatte er vor ein paar Wochen die Freigabe für die EM erhalten. «Ich wollte alles geben, zeigen was ich kann. Und das habe ich geschafft.»