Deutsch-spanischer Champions-League-Final in London
Im Final der Champions League macht Dortmund am Samstag in London dem Rekordsieger Real Madrid den Titel streitig. Für den BVB ist es ein Jahrzehnte-Highlight, für Real die Chance auf den 15. Triumph.
13 Tage vor dem Eröffnungsspiel der EM 2024 in Deutschland steht Borussia Dortmund zum dritten Mal im Final des wichtigsten europäischen Klub-Wettbewerbs. Elf Jahre nach dem 1:2 gegen Bayern München kehrt der Sieger von 1997 an den Ort seiner bislang einzigen Final-Niederlage zurück. 1997 hatte der BVB mit Ottmar Hitzfeld und Stéphane Chapuisat in München gegen Juventus Turin triumphiert.
Für Real Madrid, das am Samstag neben David Alaba und Aurélien Tchouaméni möglicherweise auch auf den unter der Woche erkrankten Goalie Andrej Lunin verzichten muss, ist es schon das 18. Endspiel in der Champions League respektive im Europacup der Landesmeister, dem Vorgängerwettbewerb. Die letzte Final-Niederlage der Madrilenen liegt 43 Jahre zurück. Seither setzten sich die Spanier achtmal in Folge durch, wenn sie es so weit schafften.
Real-Quartett mit Chance auf sechsten Triumph
Allein fünfmal triumphierten die Königlichen in den letzten zehn Jahren. Nach wie vor dabei sind Toni Kroos, Luka Modric, Dani Carvajal und Nacho Fernandez. Das Quartett, dessen Wege sich nach dem Spiel durch den Rücktritt von Kroos nach der EM, den Abgang von Modric und den auslaufenden und bislang nicht verlängerten Vertrag von Nacho trennen, könnte mit einem sechsten Triumph mit dem spanischen Rekordhalter Francisco «Paco» Gento gleichziehen. Der vor zwei Jahren verstorbene Spanier war in den 1950er- und 1960er-Jahren als linker Flügel Teil von Real Madrids erster prägender Ära im europäischen Klubfussball.
Nicht nur wegen Reals ausgewiesener Final-Expertise geht der spanische Vertreter am Samstag in London als Favorit in die Partie. Mit dem BVB, der unter der Woche mit einem umstrittenen Werbedeal mit einem Rüstungskonzern Schlagzeilen machte, nimmt es eine Talent-Veredelungsfabrik mit den Königen von Europa auf, die finanziell eine Liga tiefer spielt und ihre besten Spieler normalerweise zu den Schwergewichten wie Real Madrid ziehen lassen muss.
Bei genauerem Hinschauen gibt es aber durchaus Parallelen zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid: Beide Klubs wirtschaften mit Kontinuität, haben erfahrene Teamstützen in ihren Reihen. Und ja, das mag im Fall von Real überraschen, beide holen Talente in frühem Stadium in den Klub und führen sie in die erste Mannschaft.
Zwischenstation vs. Gipfelstation
Den mit 23 Jahren zum Weltklassespieler gereiften Vinicius Junior etwa verpflichtete Real als 16-Jährigen, ebenso dessen gleichaltrigen brasilianischen Landsmann Rodrygo und viele weitere. Auch Jude Bellingham, der letzte hochkarätige Zuzug, kam im Vorjahr als Teenager von Dortmund.
Der Unterschied ist, dass der BVB für die Talente eine Zwischenstation ist und Real Madrid die Gipfelstation. Dortmunds Stars der letzten Jahre spielen inzwischen bei Real (Bellingham), Manchester City (Erling Haaland und Manuel Akanji) und dem FC Barcelona (Robert Lewandowski und Ousmane Dembélé) oder wechselten nach ihrer besten Saison beim BVB für hohe Ablösesummen in die Premier League zu Manchester United (Jadon Sancho, Henrich Mchitarjan, Shinji Kagawa), Chelsea (Christian Pulisic) oder Arsenal (Pierre-Emerick Aubameyang).
Reals grösste Talente dagegen bleiben und prägen eine Ära, so wie einst Sergio Ramos, Cristiano Ronaldo und Karim Benzema und nun im finalen Stadium Kroos und Modric. Kurzum: Dortmunds wertvollste Spieler verlassen den Klub vor oder auf dem Höhepunkt, Reals Spieler danach.
Kroos’ Derniere
Für Kroos, den 34-jährigen deutschen Weltmeister von 2014, der vor der Heim-EM sein Comeback in der deutschen Nationalmannschaft gegeben hat, ist der Champions-League-Final das letzte Spiel der Karriere auf Klubebene. Eine Derniere wird die Partie auch für Marco Reus. Dortmunds langjähriges Gesicht verlässt den BVB zum Saisonende, wie möglicherweise auch Mats Hummels.