Steven Zuber bewirbt sich um einen EM-Platz
Nach langer Abwesenheit im Nationalteam ist Steven Zuber bei der Vorbereitung in St. Gallen wieder dabei. Der 32-Jährige hofft wie viele andere, sich einen Platz im Schweizer EM-Kader zu sichern.
Wie ein erster Schultag sei es gewesen, sagt Zuber mit Blick auf den Zusammenzug vom Montag. «Man sieht viele neue Gesichter, man spricht zum ersten Mal miteinander, man tastet sich heran.» Es klingt fast, als würde ein Neuling über seine ersten Erfahrungen im Nationalteam sprechen. Tatsächlich gehört Zuber aber zu den «Eingesessenen». Er gab sein Debüt zwar vergleichsweise spät. Das ist inzwischen aber auch schon sieben Jahre her.
Dass Zuber viele neue Gesichter gesehen hat, hat zwei Gründe. Da viele Leistungsträger noch abwesend sind, schnuppern derzeit einige Junge erstmals «Nati-Luft». Andererseits hat Zuber das rot-weisse Dress selbst schon länger nicht mehr getragen. Für die WM in Katar gibt er Forfait, weil er sich nicht fit genug fühlt. In der EM-Qualifikation kommt er bloss zu einem halbstündigen Einsatz gegen Andorra, meistens steht er nicht einmal im Aufgebot. Auch bei den Testspielen im Frühling fehlt Zuber. Der EM-Zug scheint für ihn abgefahren.
Dies, obwohl er mit AEK Athen eine gute Saison spielt und 42 Pflichtspiele bestreitet. Nach dem letztjährigen Double-Gewinn sind die Griechen international unterwegs, haben in der Europa League allerdings wenig Erfolg. In der nationalen Meisterschaft hofft das Team bis zum Schluss auf die Titelverteidigung, wird im Endspurt aber noch von PAOK Thessaloniki überholt.
Yakins Besuch in Athen
Im April stattet der Schweizer Nationaltrainer Zuber einen Besuch ab. Und ausgerechnet im Spiel, bei dem Murat Yakin im Stadion sitzt, wird Zuber auf die Ersatzbank verbannt. Im Derby gegen Panathinaikos kommt der Schweizer, der bei AEK sonst zu den Leistungsträgern gehört und zeitweise auch die Captainbinde trägt, für einmal nicht zum Einsatz.
Allerdings wäre es bei Zuber sowieso nicht mehr ums Beobachten gegangen; der Nationaltrainer kennt den Offensivspieler bereits seit dessen Jugendjahren. Als Yakin bei GC erste Erfahrungen an der Seitenlinie sammelt, als Co-Trainer und U21-Coach wirkt, kommt Zuber zum Debüt in der Super League. Und als Yakin 13 Jahre später den Einstand als Nationaltrainer gibt, ist es Zuber, der ihn mit dem Treffer im Testspiel gegen Griechenland ein allererstes Mal jubeln lässt.
Tatsächlich hat Yakin den Zürcher stets auf dem Radar. Und als der Trainer das 38-Mann-Aufgebot für die EM-Vorbereitung verkündet, steht auch der Name Zuber wieder auf der Liste. «Er hat sehr viel für die Nationalmannschaft geleistet, und er weiss, wie Turniere funktionieren», sagt Yakin über den Angreifer. Deshalb habe er das Aufgebot verdient.
Zubers starke Endrundenbilanz
Was Yakin meint, wird mit Blick auf Zubers Turnierstatistik klar ersichtlich. An der WM in Russland 2018 steht er dreimal in der Startelf und schiesst gegen Brasilien den Ausgleich zum 1:1. Auch an der darauffolgenden EM überzeugt Zuber. Im wichtigen Gruppenspiel gegen die Türkei liefert er bei allen drei Toren die Vorlage; das gelang an einer EM sonst nur noch Michael Laudrup (Dänemark) und Rui Costa (Portugal). Ein weiterer Assist folgt im «Jahrhundertspiel» gegen Frankreich.
«Solche Emotionen lassen sich mit keinem Geld der Welt kaufen», sagt Zuber rückblickend, lässt aber keine grossen Sentimentalitäten aufkommen. «Dieses Kapitel ist abgeschlossen. Nun wollen wir das nächste schreiben.»
Ob er aktiv an diesem mitschreiben wird, ist eine andere Frage. Während für einige Spieler im aktuellen Kader klar ist, dass sie an der EM-Endrunde kaum dabei sein werden, darf Zuber noch hoffen. Für ihn sprechen die Erfahrung und seine Vielseitigkeit. Er wird im Klub als Aussenläufer, als Zehner oder auch als Sturmspitze eingesetzt. Mit Blick auf die Probleme im Angriff ist das ein grosser Vorteil.
Die spezielle Situation mit den anstehenden Kader-Schnitten sieht Zuber jedenfalls sportlich. «Jeder von uns wäre gerne an der EM dabei und wird versuchen, den Trainer von sich zu überzeugen.» Es ist wie in der Schule: Man lernt gerne neue Gesichter kennen, am Schluss geht es aber um das eigene Zeugnis.