Ein einfacher Mensch mit ausserordentlichen Fähigkeiten
Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass Rafael Nadal seine letzte Partie am French Open gespielt hat. Zeit für eine Bilanz des «einfachen Menschen», der so völlig aussergewöhnlich ist.
Und wenn dies nun das letzte Spiel des Ausnahmekönners Rafael Nadal am French Open war? Bei dem Turnier, das er in den letzten knapp zwei Jahrzehnten mit 14 Titeln dominiert hat wie nie einer einen Tennisevent zuvor. Eines macht Nadal sogleich klar: Er plant auf jeden Fall, in knapp zwei Monaten für die Olympischen Spiele an diesen für ihn magischen Ort zurückzukehren.
Und noch etwas betont der nächste Woche 38 Jahre alt werdende Spanier: Sollte es sein letztes Spiel bei seinem Lieblingsturnier gewesen sein, ist er völlig mit sich im Reinen. Er war bei der Dreisatzniederlage gegen Alexander Zverev kompetitiv, wie er es noch vor zwei Monaten kaum für möglich gehalten hätte, kam gegen die Weltnummer 4 zu ein paar Chancen, verpasste aber das kleines Wunder am Ende doch klar.
«Gegen einen so starken Gegner wäre ich darauf angewiesen, dass er einen ziemlich schlechten Tag hat», zeigt sich Nadal in der Analyse realistisch. Dass das Dach bei kühler Witterung und Regenschauern geschlossen war, half ihm gegen den starken Aufschläger Zverev auch nicht.
Noch einmal Hühnerhautmomente
Dennoch sorgte Nadal noch einmal für einige Hühnerhautmomente. Zum Beispiel, wenn er zu einem seiner unnachahmlichen Vorhand-Passierbälle ansetzte, drei wichtige Punkte hintereinander mit gefühlvollen Volleys am Netz gewann oder einfach seine Faust ballte oder sein unnachahmliches «Vamos!» ertönen liess. Er zog noch einmal gut drei Stunden lang 15’000 Zuschauer in seinen Bann. Am Ende reichte es nicht zum Exploit.
Nadal war sich der Bedeutung des Momentes sehr wohl bewusst und richtete sich trotz der Niederlage noch auf dem Platz ans Publikum. «Ich bin durch sehr harte zwei Jahre gegangen, für den Traum, noch einmal in Roland Garros zu spielen», sagte er, während seine Ehefrau Xisca und der eineinhalbjährige Rafael junior auf der Tribüne zuschauten. «Das ist mir gelungen.» Er sei wohl noch nie so weit unten gewesen, «körperlich, vom Selbstvertrauen, und von den Schmerzen». Lange war er sich unsicher gewesen, ob es noch einmal für ein French Open reichen würde.
Grosse Dankbarkeit
Nadal zeigte sich dankbar, für alles, was er bislang in seiner einzigartigen Karriere erreicht hat. Auf die Frage eines Journalisten, was die treibende Kraft hinter seinem berühmten Willen sei, antwortet der 22-fache Grand-Slam-Champion in seiner typischen, unaufgeregten Art: «Ich weiss es nicht. Ich bin ein einfacher Mensch. Ich ziehe meine Zufriedenheit aus dem Umstand, immer alles mir Mögliche getan zu haben, um im Leben etwas zu erreichen.»
Damit hat er sich viele Freunde gemacht. «Wichtiger als die Bewunderung für meine Erfolge ist mir, dass mich die Leute als Menschen mögen, dass sie Freude haben, wenn sie mich wieder treffen», betont der Mallorquiner.
Olympia im Blick
Auf ihn verzichten werden müssen sie aller Wahrscheinlichkeit nach in Wimbledon. Er habe die nächsten Wochen noch nicht im Detail geplant, aber er könne sich nicht vorstellen, dass es für ihn Sinn mache, auf Rasen und dann wieder zurück auf Sand zu wechseln.
Olympia, das er 2008 im Einzel und 2016 im Doppel mit seinem Kumpel Marc Lopez gewonnen hat, ist nochmals ein grosses Ziel. Und dann ist die Zeit von Rafael Nadal in Roland Garros vielleicht wirklich vorüber.