«Man muss aufpassen, was man sich wünscht»
Die Schweiz greift dank einer unglaublichen Willensleistung beim 3:2 nach Penaltyschiessen gegen Kanada nach dem ersten WM-Titel im Eishockey. Vier Protagonisten des Sieges und was sie sagen.
Die Schweizer hatten Kanada schon 2018 beim letzten Finaleinzug an einer WM im Halbfinal mit 3:2 besiegt, damals nach 60 Minuten. Und wie vor sechs Jahren wurde Torhüter Leonardo Genoni zum besten Spieler der Schweizer gekürt. Der 36-Jährige brachte die Kanadier mit 42 Paraden und vier gehaltenen Penaltys zur Verzweiflung.
«Sie haben vieles versucht, verschiedene Schüsse ausgepackt», sagte Genoni. «Nach dem Spiel in der Qualifikation (die Schweiz verlor 2:3) sagte ich zu unserem Goalie-Trainer (Peter Mettler), dass mir solche Partien sehr gefallen würden. Es sind Topspieler, die genau wissen, wohin sie schiessen. Zwar hast du gegen sie als Torhüter etwas weniger Zeit als gegen andere Spieler, aber es macht umso mehr Spass.»
Genau dank dieser Denkweise ist Genoni prädestiniert für solche Partien – er ist nicht umsonst siebenfacher Meistergoalie. Für Captain Roman Josi ist es ein Rätsel, warum Genoni nie in der NHL gespielt hat. Das frage er sich seit Jahren, so der Berner Verteidiger. «Er ist an jeder WM einer der besten Goalies.»
Fiala blickt nicht zurück
Auch Kevin Fiala spielte einmal mehr an diesem Turnier gross auf. Der 27-jährige Ostschweizer schoss das 1:0 (16.), liess sich beim 2:0 von Nino Niederreiter (18.) einen Assist gutschreiben und verwertete seinen Penalty. «Es war nervenaufreibend, ein Achterbahn-Spiel mit allem drin. Die Schweizer Fans waren wahrscheinlich am Schwitzen», so der kürzlich Vater gewordene Fiala, der nun bei sieben Toren und sechs Assists an dieser WM hält.
2018 im Final gegen Schweden (2:3 n.P.) vergab Fiala in der Verlängerung eine Grosschance zum Sieg. «Das war vor sechs Jahren, wir schauen nicht mehr zurück», stellte Fiala klar. «Es ist ein neues Team, wir fühlen uns gut. Wir zeigten, dass wir cool bleiben können.»
Andrighetto: diesmal von der anderen Seite
Sven Andrighetto traf im Shootout ebenfalls. Im Vorrundenspiel gegen die Kanadier war er beim Stand von 2:2 mit seinem Penalty noch an Jordan Binnington gescheitert. «Damals lief ich von der anderen Seite an und war nicht viel offen. Deshalb versuchte ich es diesmal von der anderen Seite.» Auch der ZSC-Stürmer hob die Ruhe des Teams hervor. «Wir machten in den vergangenen Jahren diesbezüglich einen Lernprozess durch, das kommt uns nun zugute.»
Mit den Lions feierte Andrighetto dank eines 2:0-Heimsieges im siebenten Finalspiel gegen Lausanne seinen ersten Meistertitel. Nun gehe es wieder um alles oder nichts. «Die Vorfreude ist extrem gross. Die Tschechen haben natürlich den Heimvorteil, jedoch kann die unglaubliche Atmosphäre auf jeden Fall auch uns beflügeln.»
Fischer platzt vor Stolz
Nationaltrainer Patrick Fischer musste nach 13 Niederlagen in Serie viel Kritik einstecken, doch ging er unbeirrt seinen Weg weiter und wurde nun dafür belohnt. «Ich bin unglaublich dankbar, Coach dieser Mannschaft zu sein.» Er habe noch nie ein Team gesehen, in dem jeder dermassen für den anderen kämpfe. «Alle spielten eine unglaubliche Partie, wir verdienten uns den Final», so Fischer.
Wie stand es um seine Nerven? «Ich war relativ entspannt, auch nach dem 2:2. Ich sagte zu den Jungs, dass das nun halt der Weg sei, es nun umso schöner werde. Im Penaltyschiessen zu gewinnen, ist noch cooler. Ganz ehrlich, auch wenn wir heute verloren hätten, wäre ich stolz darauf gewesen, wie wir kämpften, aber wir haben gewonnen.»
Zu Finalgegner Tschechien erklärte Fischer: «Sie haben eine grossartige Truppe. Wir werden uns aber definitiv nicht verstecken, haben gute Erinnerungen an sie.» Auf die Bemerkung, dass die Tschechen wohl froh seien auf die Schweiz und nicht auf Kanada zu treffen, sagte Fischer: «Man muss aufpassen, was man sich wünscht.»