Ein mentaler Reifetest für die Schweiz
Die Schweiz steht am Donnerstag in Ostrava im WM-Viertelfinal gegen Deutschland mental vor einem ultimativen Test.
Sechs Siege in sieben Spielen, wie zuletzt immer überzeugten die Schweizer in der Vorrunde. Nach der Corona-Pandemie verloren sie an Weltmeisterschaften in der Gruppenphase bloss vier von 28 Partien. Fakt ist aber auch, dass die Schweizer in der Folge jedes Mal in de Viertelfinals scheiterten, 2021 und 2023 gegen Deutschland.
Die DEB-Auswahl ist am Donnerstag um 16.20 Uhr erneut der Gegner. Auf die Bemerkung, jetzt müsse es doch mal klappen mit einem Sieg, sagt Patrick Fischer: «Es muss gar nichts. Wir konzentrieren uns auf das, was wir beeinflussen können. Wir werden bereit sein.» Aber Revanche-Gefühle verspürt er doch? «Wir arbeiteten ein Jahr daran, im Jetzt zu sein.» Sie hätten bis anhin an dieser WM fast jeden schwierigen Moment miteinander gelöst, das würden sie nun auch im Viertelfinal versuchen. Dass Deutschland der Gegner sei, spiele keine Rolle.
Das Duell gegen den Erzrivalen wird zeigen, wie gereift die Mannschaft mental ist, und ob die Verpflichtung von Performance Coach Stefan Schwitter, der mit den Spielern intensiv daran arbeitete, dass sie jederzeit den richtigen Fokus haben, den gewünschten Effekt gebracht hat. Zudem übte Fischer in dieser Saison mehr Druck auf seine Schützlinge aus, um zu sehen, wer für eine Alles-oder-nichts-Partie bereit ist. Es wurde also auch im psychischen Bereich alles Mögliche gemacht, um nach Silber 2018 erstmals wieder am Final-Wochenende einer WM dabei zu sein.
Zahlt sich Vertrauen aus?
Nach der letztjährigen 1:3-Niederlage im Viertelfinal gegen die Deutschen stellte Fischer den Spielern die Vertrauensfrage und diese machten sich stark für ihn. In diesem Februar wurde sein Vertrag bis nach der Heim-WM 2026 verlängert, dies, obwohl die Schweizer zu diesem Zeitpunkt elfmal hintereinander verloren hatten. Bei einer Auflösung in diesem Jahr würde Fischer eine festgelegte Abfindung erhalten. «Wir wollten Ruhe ins System bringen, um uns optimal auf die wichtige WM fokussieren zu können», sagte damals Lars Weibel, der Direktor Sport bei Swiss Ice Hockey.
Wichtige WM, das impliziert, dass nach starken Vorrunden der nächste Schritt nun quasi ein Muss ist, auch wenn Fischer dies in Abrede stellt. Eine weitere Viertelfinal-Niederlage gegen Deutschland würde seine Position ganz klar schwächen, auch wenn die DEB-Auswahl nicht umsonst den 5. Platz in der Weltrangliste einnimmt und damit zwei Ränge vor den Schweizern liegt.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Obwohl ein Sieg gegen das Team von Trainer Harold Kreis alles andere als selbstverständlich ist, stellt sich die Frage: «Wenn nicht jetzt, wann dann?» Die Schweizer sind an dieser WM exzellent besetzt und im Gegensatz zu den bisherigen drei K.o.-Runden-Niederlagen gegen die Deutschen in der Ära von Fischer – im Achtelfinal an den Olympischen Spielen setzte es ein 1:2 nach Verlängerung ab – ist diesmal Roman Josi dabei. Dass der 33-jährige Berner einer der besten Verteidiger der Welt ist, unterstreicht er auch an diesem Turnier. Die Vorrunde beendete er mit drei Tore und acht Assists, womit er in der Skorerwertung den 3. Platz einnimmt. Allein schon seine Präsenz macht das Team stärker.
Nico Hischier und Kevin Fiala gehörten zwar schon vor einem Jahr zur Mannschaft, damals waren aber beide nicht in Bestform. Ersterer stiess nach strapaziösen und aufwühlenden Playoffs mit den New Jersey Devils erst aufs vierte Gruppenspiel zum Team, Fiala war kurz zuvor noch verletzt gewesen. Nun strotzen sie vor Spielfreude und haben beide je zehn Skorerpunkte erzielt. Fiala, mit sechs Treffern der beste Torschütze der Schweizer, erreichte diese Marke in fünf Spielen.
Defensiv stark und alle fit
Positiv stimmt auch die Defensive, in den letzten fünf Partien kassierten die Schweizer kein Tor bei numerischem Gleichstand. Zudem sind alle fit. Gegen Finnland kehrte Gaëtan Haas nach fünf verpassten Begegnungen in die Aufstellung zurück. Der am Dienstag pausierende Jonas Siegenthaler ist zwar leicht angeschlagen, einem Einsatz im Viertelfinal steht allerdings nichts im Weg.
Für Fischer ist der Schlüssel gegen Deutschland, «die Balance zu finden zwischen Coolness, Siegeswille und Härte». Zudem verlangt er Mut und Entschlossenheit. Die Mannschaft habe die Vorgaben die meiste Zeit gut umgesetzt, «das stimmt mich positiv. Wir müssen aber weiter wachsen».