Murrays offene Rechnung mit Genf
Andy Murray spielt im Spätherbst seiner Karriere erstmals am Geneva Open. Vor seiner Erstrundenpartie erinnert sich der Schotte an seine erste, enttäuschende Erfahrung mit Genf vor 19 Jahren.
Die Welt des Tennissports ist eine kleine. Als Andy Murray am Freitag von Bordeaux nach Genf fliegt, ist sein Sitznachbar ein prominenter. «Ich sass neben Stan Wawrinka», erzählt der Brite im Mediencenter der Tennisanlage im Parc des Eaux-Vives. Dabei kamen die beiden ins Plaudern. Mit 39 respektive 37 Jahren blicken sie auf eine lange und mit je drei Grand-Slam-Siegen äusserst erfolgreiche Karriere zurück.
Zum Beispiel erinnerten sie sich an das erste (von mittlerweile 23) Duellen bei den Profis. Das war im September 2005 im Davis Cup in der Genfer Palexpo-Halle, und für Murray nicht nur wegen seiner Niederlage eine bittere Erfahrung. «Unser Team entschied, dass Greg (Rusedski) am ersten Tag nicht spielt, deshalb war mein Gegner Stan und nicht Roger Federer», erinnert sich Murray noch genau. «Es wäre eine brillante Chance für mich gewesen, erstmals gegen Roger zu spielen, und noch dazu in der Schweiz.» Er musste am Ende nur eine Woche länger warten, bis zum Final in Bangkok, doch das war halt dann nicht bei Federer zuhause.
Hoffen auf das Duell gegen Djokovic
Nun ist Murray zurück. Im Gegensatz zu Wawrinka, der beim Challenger-Turnier in Bordeaux wie der Schotte im Achtelfinal verlor, nahm er gerne eine Wildcard für das Turnier am Genfersee an. «Eigentlich spielte ich nie in der Woche vor den Grand-Slam-Turnieren, aber nun brauche ich Matches», erklärt er. In Miami riss er sich Anfang April die Bänder im linken Knöchel. Zunächst stand auch die ganze Sandsaison in der Schwebe, zumal dies Murray ermöglicht hätte, sich länger auf sein aller Wahrscheinlichkeit nach letztes Wimbledon vorzubereiten.
«Die Heilung ging aber schneller als gedacht», zeigt sich Murray zufrieden. «Am Ende ist die Matchpraxis wertvoller als Training. Und ich konnte mich stets schnell auf Rasen umstellen.» Nun darf sich der Vater von drei Mädchen und einem Buben erneut Hoffnungen auf ein reizvolles Duell machen. In der 2. Runde würde er in Genf auf Novak Djokovic, der ebenfalls eine Wildcard annahm, treffen. «Natürlich würde ich es lieben, gegen ihn zu spielen. Wir hatten so viele grossartige Matches», gibt Murray offen zu. Seine ersten beiden Grand-Slam-Titel, am US Open 2012 und in Wimbledon ein Jahr später, holte er mit Finalsiegen gegen Djokovic, seit dem verlorenen Final in Doha vor mittlerweile sieben Jahren trafen sie aber nie mehr aufeinander.
Ehemaliger Gstaad-Finalist eine hohe Hürde
Zunächst wartet aber am Montag auf der «wunderschönen Anlage» (Murray) am See eine ziemlich hohe Hürde auf den noch als Nummer 74 klassierten Schotten. Sein deutscher Erstrundengegner Yannick Hanfmann (ATP 84) ist ein echter Sandspezialist und stand 2017 in Gstaad und 2020 in Kitzbühel in ATP-Finals.
Für Murray sind die Sandmatches auch eine Investition für eine Olympiateilnahme. Nach Wimbledon möchte er nämlich noch einmal auf die rote Unterlage zurückkehren. «Ich bin noch nicht hundert Prozent sicher, was ich in den nächsten Monaten spielen werde, aber ich möchte gerne noch einmal für Olympia nach Paris zurückkehren.» Dieser Wunsch könnte zulasten von Stan Wawrinka gehen. Nach jetzigem Rankingstand müssten sich Murray, Wawrinka und Rafael Nadal um eine der beiden Wildcards bewerben. Dabei hätten der 14-fache Roland-Garros-Champion (und Einzel-Olympiasieger von 2008) und der zweifache Olympia-Goldgewinner Murray (2012 und 2016) die besseren Karten als der Schweizer, der «nur» einen French-Open-Titel (2015) und Olympia-Gold im Doppel (2008) vorweisen kann.