Polizei verhindert mit Tränengas Mai-Marsch in Istanbul – Festnahmen
Die türkische Polizei hat in der Millionenmetropole Istanbul einen Protestmarsch anlässlich des Maifeiertags zum symbolisch wichtigen Taksim-Platz verhindert. Sie setzten dabei am Mittwoch Tränengas gegen Protestierende ein, wie Aufnahmen des Senders CNN Türk zeigten. Es war auch Gerangel zwischen Demonstranten und Polizei zu sehen. Sicherheitskräfte blockierten in mehreren Reihen den Weg vom Stadtteil Sarachane zum mehrere Kilometer entfernten Taksim-Platz. Medienberichten zufolge wurden mehr als 70 Menschen festgenommen.
Die Behörden hatten ein Demonstrationsverbot für den Taksim-Platz erlassen und sperrten das Zentrum grossräumig ab. Sie begründeten dies unter anderem mit Sicherheitsbedenken. Amnesty International nannte diese Begründung «fadenscheinig» und forderte mit Verweis auf ein Urteil des Verfassungsgerichts eine Aufhebung des Verbots.
Das Verfassungsgericht hatte Ende vergangenen Jahres entschieden, dass ein Demonstrationsverbot am Taksim-Platz das Recht auf friedliche Versammlung verletze. Oppositionsführer Özgür Özel bezeichnete das Verbot als beschämend und verwies darauf, dass die Urteile des Verfassungsgerichts bindend seien.
Der Taksim-Platz im Zentrum Istanbuls ist für Gewerkschaften und Opposition symbolisch wichtig: Gewerkschaftler wollen mit einer Versammlung dort an den 1. Mai 1977 erinnern. Damals hatten Heckenschützen auf eine Demonstration am Taksim-Platz mit rund 500 000 Teilnehmern geschossen und zahlreiche Menschen getötet.
Für Regierungsgegner ist der Platz ebenfalls zum Symbol geworden, weil die regierungskritischen Gezi-Proteste 2013 dort ihren Ausgang nahmen. Die Proteste richteten sich damals zunächst gegen die Bebauung des Gezi-Parks, der neben dem Taksim-Platz liegt. Sie weiteten sich aus zu landesweiten Demonstrationen gegen den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der liess die Proteste niederschlagen. Regierungskritische Versammlungen auf dem Taksim-Platz sind seitdem nicht mehr erlaubt.