Jahrestag: Selenskyj warnt vor neuer Tschernobyl-Katastrophe
Am Jahrestag des Unfalls im Atomkraftwerk Tschernobyl hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor einer Wiederholung der Katastrophe gewarnt.
«Bereits 785 Tage befindet sich das grösste Atomkraftwerk Europas bei Saporischschja in den Händen der russischen Terroristen», erinnerte der Staatschef am Freitag bei Telegram. Er ermahnte die Weltgemeinschaft, Druck auf Russland auszuüben, damit das Kraftwerk wieder unter ukrainische Kontrolle komme. «Und dass alle atomaren Objekte in der Ukraine sicher vor russischen Angriffen sind», schrieb Selenskyj. Allein das würde die Welt vor einer neuen atomaren Katastrophe bewahren.
Zugleich erinnerte der Präsident an die Menschen, die beim Atomunglück vor 38 Jahren um das Kraftwerk von Tschernobyl im Einsatz waren: «Zehntausende Menschen haben um den Preis ihrer Gesundheit und ihres Lebens die Ausweitung der Tschernobylkatastrophe gestoppt und dabei geholfen, ihre schrecklichen Folgen 1986 und in den Jahren danach zu beseitigen».
Selenskyj erinnerte ebenfalls daran, dass das stillgelegte Kraftwerk nach dem russischen Einmarsch für 35 Tage unter russischer Kontrolle war. «Russische Soldaten raubten die Laboratorien aus, nahmen die Wache in Gefangenschaft und haben das Personal erniedrigt», schrieb der Staatschef.
Am 26. April 1986 explodierte der Reaktor vier des damals sowjetischen Atomkraftwerks Tschernobyl in der Nordukraine. Das Unglück gilt als die grösste Atomkatastrophe der zivilen Nutzung der Kernkraft. Wegen der Radioaktivität wurden weite Landstriche um das AKW in der heutigen Ukraine und im benachbarten Belarus gesperrt und Zehntausende Menschen zwangsumgesiedelt. Tausende Menschen starben an den Folgen der radioaktiven Strahlung. Das Kraftwerksgelände befindet sich nur gut 90 Kilometer nördlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Nach dem russischen Einmarsch vor über zwei Jahren geriet Anfang März 2022 das mit einer Nennleistung von 6000 Megawatt grösste Atomkraftwerk Europas beim südukrainischen Saporischschja unter russische Kontrolle. Wegen wiederholter Angriffe mit Artillerie und Drohnen fuhr die russische Kraftwerksleitung alle sechs Blöcke herunter.