Tadej Pogacar will historischen Coup von Van der Poel verhindern
Lüttich-Bastogne-Lüttich bildet den Abschluss der Frühjahrssaison. La Doyenne, das älteste Eintagesrennen der Welt und das vierte der fünf Monumente im Radsport, verspricht Spektakel.
Wie heissen die Favoriten?
Die 110. Ausgabe steht im Zeichen des Duells zwischen Mathieu van der Poel und Tadej Pogacar. Der Weltmeister aus den Niederlanden, der heuer bereits den Doppelsieg mit den Erfolgen in der Flandern-Rundfahrt und bei Paris-Roubaix eingefahren hat, trifft auf den Slowenen, der Anfang März das Eintagesrennen Strade Bianche mit einer langen Solofahrt überlegen gewonnen und danach die Katalonien-Rundfahrt dominiert hat. Der Vorjahressieger Remco Evenepoel fehlt. Der Belgier hat sich beim Massensturz in der Baskenland-Rundfahrt Anfang April Schulterblatt und Schlüsselbein gebrochen.
Was spricht für Pogacar?
Der Slowene bestritt seit der Katalonien-Rundfahrt kein Rennen mehr und bereitete sich gezielt auf Lüttich-Bastogne-Lüttich vor. Das 255 km lange Rennen durch Belgien mit über 4000 Höhenmetern und zahlreichen, teils giftigen Anstiegen ist auf das Kletter-Ass zugeschnitten. Diese Einschätzung bestätigte Pogacar mit dem Sieg im Jahr 2021. Zudem will der Slowene die Austragung 2023 vergessen machen. Damals zog er sich bei einem Sturz einen Bruch des Kahnbeins in der linken Hand zu, was ihm womöglich die entscheidenden Prozente im Kampf um seinen dritten Sieg an der Tour-de-France gekostet hatte.
Was spricht für Van der Poel?
Das Kopfstein-Pflaster wird zwar gegen die Côtes getauscht, aber das muss noch nichts heissen. Dass der Tempobolzer Van der Poel auch diese kurzen steilen Anstiege wegstecken kann, bewies er im vergangenen August beim WM-Triumph in Glasgow. Er dürfte zwar rund 10 kg mehr wiegen als Pogacar, aber die Aussicht auf Historisches wird ihn beflügeln. Noch nie hat ein Fahrer Paris-Roubaix, die Flandern-Rundfahrt und Lüttich-Bastogne-Lüttich in einer Saison gewonnen – nicht einmal Eddy Merckx, einer von nur drei Profis, die bei allen fünf Monumenten triumphiert haben. Van der Poels Mannschaft Alpecin-Deceuninck hat als erstes Team überhaupt die ersten drei Monumente des Jahres für sich entschieden und wird alles daran setzen, um diesen Rekord noch hochkarätiger zu machen.
Wer vertritt die Schweizer Farben?
Der letzte Schweizer Podestplatz bei Lüttich-Bastogne-Lüttich geht auf das Jahr 2020 zurück, als Marc Hirschi hinter Primoz Roglic Zweiter wurde. Der Berner wird im UAE Team Emirates Helferdienste für Pogacar verrichten müssen. Es müsste sich schon eine spezielle Rennsituation ergeben, damit Hirschi, am vergangenen Sonntag Zweiter beim Gold Race, eine Chance erhält. Dies war 2023 beim Sturz von Pogacar der Fall gewesen. Hirschi kam aber nicht über Platz 10 hinaus. Auch Mauro Schmid stellt sich bei Jayco Alula in den Dienst seiner Kollegen.
Herrscht weiterhin Schmuddelwetter?
Am vergangenen Mittwoch bei der Hauptprobe Flèche Wallonne stiegen 130 Fahrer bei Regen und Kälte frühzeitig vom Rad. Auch am Sonntag werden viele Profis lange Hosen, Handschuhe und Windjacken tragen. Das Thermometer wird kaum über zehn Grad Celsius klettern. Es dürfte aber trocken bleiben.
Welcher der elf Anstiege ist der gefürchtetste?
Elf klassifizierte Anstiege müssen die Fahrer bewältigen. In den letzten beiden Rennen lancierte Evenepoel den entscheidenden Angriff in der Côte de la Redoute 30 km vor dem Ziel. Die drittletzte Rampe ist bis zu 20 Prozent steil. Hier lässt sich das Loch aufreissen. Danach geht das Auf und Ab munter weiter, nur Windschatten-Fahren funktioniert nicht.