Immer mehr Rotmilane überwintern in der Schweiz
Immer häufiger fliegen Rotmilane im Winter nicht in den Süden. Ob ein Rotmilan in den Süden zieht oder in der Schweiz überwintert, hängt von seinem Alter, seiner Grösse und seinem Geschlecht ab, wie eine neue Studie der Vogelwarte Sempach LU zeigt.
«Vor vierzig Jahren war es noch sehr selten, dass ein Rotmilan in der Schweiz überwinterte», erklärte die Biologin Stephanie Witczak von der Vogelwarte am Dienstag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage. In den 1960er-Jahren wurden laut der Expertin zum ersten Mal überhaupt Rotmilane beobachtet, die hierzulande überwinterten. Mittlerweile gelten Rotmilane, wie viele andere Vogelarten auch, als Teilzieher.
Für die Studie, die in der Januar-Ausgabe der Fachzeitschrift «Journal of Animal Ecology» veröffentlicht wurde, untersuchte Witczak, welche Faktoren dafür ausschlaggebend sind, ob ein Rotmilan nach Südfrankreich oder Spanien zieht oder in der Schweiz bleibt. Dafür hat sie zusammen mit weiteren Forschenden der Vogelwarte Sempach 381 Rotmilane über mehrere Jahre hinweg per GPS verfolgt.
Sesshafte Vögel bleiben sesshaft
Im ersten Lebensjahr zogen fast alle der Rotmilane mit GPS-Sender in den Süden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu einem sesshaften Verhalten übergingen, stieg mit dem Alter. Geschätzt verbringen laut der Vogelwarte Sempach etwa zwei Drittel der erwachsenen Rotmilane den Winter in der Schweiz. Eine mögliche Erklärung dafür ist laut Witczak, dass die Vögel einen höheren Bruterfolg haben könnten, wenn sie früher in ihren Brutgebieten sind.
Ab welchem Alter ein Vogel den Winter in der Schweiz blieb, hing bei den Weibchen zudem von ihrer Körpergrösse ab: So wurden grössere Rotmilan-Weibchen früher im Leben sesshaft als kleinere. Das könnte laut Witczak beispielsweise mit den für die Brut notwendigen Fettreserven zusammenhängen.
Einmal sesshaft gewordene Rotmilane wurden nur selten wieder zu Zugvögeln. Die erwachsenen Männchen scheinen laut der Studie ausserdem einen erheblichen Überlebensvorteil daraus zu ziehen, sesshaft zu bleiben.
«Es ist ein erster Schritt, um zu verstehen, wie und warum sich solche Zugmuster verändern», sagte Witczak zu den Studienresultaten. Weitere Studien könnten etwa darüber Aufschluss geben, welche Rolle Umweltfaktoren wie die milder werdenden Winter genau haben.