Das Motiv für das Tötungsdelikt in Jestetten bleibt unklar
Vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen (D) hat am Montag der Prozess um das Tötungsdelikt von Jestetten (D) begonnen. Der Angeklagte hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäussert. Auch sein Motiv ist unklar.
Der Angeklagte wurde zum Prozessbeginn zur Person befragt. Der 39-Jährige ist ein sogenannter lettischer Nichtbürger. Er hat zwar eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis in Lettland, aber keine Staatsbürgerschaft.
Seine Biografie ist von Brüchen geprägt – und von Gefängnisaufenthalten schon in jungen Jahren. 2005 wurde er wegen Totschlags verurteilt, weil er mit einem Komplizen eine ältere Frau getötet und ausgeraubt haben soll. 2015 wurde er aus dem Gefängnis entlassen.
Am 21. Mai dieses Jahres reiste er nach Deutschland ein. Als Mitarbeiter eines lettischen Subunternehmens sollte er zusammen mit anderen lettischen Arbeitern in der deutschen Gemeinde Klettgau Datenkabel verlegen.
Die Staatsanwaltschaft klagte den 39-jährigen Letten wegen fahrlässiger Tötung an. Sie wirft ihm vor, am Abend des 8. Juni dieses Jahres am Rhein bei Jestetten einen 31-jährigen Schweizer getötet zu haben. Er soll ihn mit einem Holzscheit erschlagen haben.
DNA-Spuren belasten den Angeklagten
Das Opfer wurde am nächsten Tag mit heruntergelassener Hose auf dem Bauch liegend am Rhein gefunden. Die Hintergründe der Tat sind unbekannt. Der Angeklagte habe dazu bisher keine Angaben gemacht, so die Staatsanwältin. Bleibt er dabei, muss das Gericht aufgrund der Beweislage entscheiden.
Was genau vor der Tat geschah, ist unklar. An einem Joint wurden DNA-Spuren des Angeklagten und des Opfers gefunden. Auch Alkohol dürfte reichlich geflossen sein. Das Opfer hatte etwa 1,8 Promille. Vom Angeklagten wiederum gibt es Videos, wie er am 8. Juni an zwei Tankstellen und in einem Geschäft Bier und Zigaretten kaufte.
«Haben Sie da fröhlich zusammen einen Joint geraucht und ein Bier getrunken?», fragte der Richter. Unklar ist auch, wie sich die beiden Männer verständigt haben – der Angeklagte spricht Russisch, aber kaum Deutsch. Das Opfer wiederum konnte kein Russisch.
Das Opfer wollte am Rhein übernachten
Der 31-Jährige aus dem Kanton St. Gallen hatte seine Hängematte zwischen zwei Bäumen am Rhein aufgespannt und wollte dort übernachten. Am nächsten Tag wollte er seinen Bruder an einer Technoparty im nahe gelegenen Eglisau ZH treffen.
Der genaue Tathergang und das Motiv blieben am ersten Verhandlungstag in Waldshut zunächst unklar. Fest steht, dass Schläge mit einem rund ein Meter langen Holzscheit auf den Kopf am Abend des 8. Juni zum Tod des Mannes führten.
«Es wurden verschiedene DNA-Spuren gefunden, bei denen wir uns fragen, wie sie dorthin gekommen sind», sagte der Richter. Unter anderem wurden Spuren des Angeklagten am Penis des Opfers gefunden.
Portemonnaie verschwunden
Das Portemonnaie des Opfers mit Bankkarten und einer bescheidenen Menge Bargeld war verschwunden. Sein Rucksack, in dem unter anderem sein Smartphone steckte, wurde unweit des Tatorts im Rhein gefunden. Der Angeklagte soll zur Tatzeit praktisch pleite gewesen sein. Für seine Arbeit in Deutschland hatte er noch keinen Lohn erhalten.
Am 22. Juni wurde der mutmassliche Täter im benachbarten Lottstetten (D) festgenommen. Er befindet sich seither in Untersuchungshaft. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. Auch eine Sicherungsverwahrung wird laut Staatsanwaltschaft zu prüfen sein. Dabei handelt es sich um einen zeitlich unbefristeten Freiheitsentzug, dessen Notwendigkeit regelmässig überprüft wird.