Türkei kämpft mit Klimakrise – Urlaubsort Bodrum ohne Wasser
Der einst stattliche Stausee ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Geschrumpft liegt er inmitten vertrockneter und aufgerissener Erde im Osten des türkischen Urlaubsorts Bodrum.
Ein Messpfahl lässt erahnen, wie hoch das Wasser einmal stand, er ragt leer in die Höhe. Der Mumcular-Staudamm ist mit einem weiteren Stausee in der Region seit Mitte Oktober geschlossen und Sinnbild geworden für den Wassermangel in der Region.
Für Touristen war das zunächst nicht spürbar, erst nach Ende der Saison wurde das Wasser in Bodrum teils stundenlang abgestellt. Die Gemeinde erschloss neue Brunnen und karrte Trinkwasser in Tanks zu den Einwohnern.
Inzwischen regnet es zwar hin und wieder, doch die Sorge vor dem nächsten Sommer ist schon jetzt gross. In der Urlaubssaison vervielfacht sich die Einwohnerzahl Bodrums – geschätzt eine Million Menschen müssen dann auch mit Wasser versorgt werden, schätzt die Gemeinde.
«Wir erleben angesichts der Trockenheit eine in unserer Geschichte beispiellose Wasserknappheit», warnte Bürgermeister Ahmet Aras vor Kurzem. Mirbahattin Demir, Sprecher der Umweltorganisation Mucep in Bodrum, weist darauf hin, dass Wassermangel schon seit 30 Jahren in der Region ein Thema sei, dieser aber durch den Klimawandel ein «völlig anderes Ausmass» erreicht habe. Hausgemachte Probleme verschärften dabei die Lage.
Bodrum ist wie ein Brennglas für die Situation in vielen Teilen der Türkei. Neben der Ägäis ist vor allem die Marmararegion stark von Trockenheit betroffen. Die Staudämme um Istanbul sind auf einem historischen Tiefstand. Im Sommer kämpfte die Türkei mit starker Hitze. Noch in den November hinein lagen die Temperaturen teils über dem Normalwert.
Die Trockenheit halte schon seit einem Jahr an, die erhöhte Verdunstung des Bodenwassers aufgrund von Hitze verschärfe dabei die Dürre, sagt Baris Önol, Meteorologie-Professor an der Technischen Universität Istanbul. Der erwartete Niederschlag sei bislang dagegen ausgeblieben. «Wenn wir diesen Winter wieder so trocken wie den letzten erleben, wird es schwer sein, den Sommer 2024 zu überstehen», sagt er. Das werde auch den Anbau von Obst und Gemüse negativ beeinflussen.
Zwar habe es schon früher Trockenperioden gegeben. «Das eigentliche Problem besteht darin, dass die Dürreperioden aufeinanderfolgen.» Medien und Regierung müssten seiner Ansicht nach ständig zu Sparsamkeit aufrufen und darüber informieren, denn für Trockenheit gelte: «Wenn man sie spürt, ist es bereits zu spät.»
Von politischen Treffen wie der Weltklimakonferenz COP 28 kommende Woche in Dubai verspricht er sich wenig. Der Klimawandel sei vor allem ein wirtschaftliches Problem und auch die Türkei müsse ihre Produktion vollständig auf erneuerbare Energien umstellen.
Die Türkei hat das Pariser Klimaabkommen unterschrieben und will Klimaneutralität bis 2053 erreichen. Der Anteil an Sonne und Windenergie belief sich vergangenes Jahr zusammen auf 16 Prozent, hinzu kommen rund 20 Prozent Wasserkraft. Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt das Thema Klimawandel angesichts von Extremereignissen wie Hitze und Überschwemmungen immer wieder auf die Tagesordnung.
Seine Regierung steht aber auch in der Kritik, dass sie Grossbauprojekte und Versiegelung von Flächen vorantreibe. Als Umweltschützer im Sommer gegen die Abholzung des Akbelen-Waldes protestierten, der einem Braunkohlekraftwerk weichen musste, machte Erdogan zudem deutlich, dass er nicht auf Kohle verzichten wolle.
Die Abholzung des Waldes in Akbelen wiederum habe die Wasserknappheit in Bodrum verschärft, sagt Umweltaktivist Demir. Nach offiziellen Angaben wurden in Bodrum im vergangenen Jahr rund 18 Millionen Kubikmeter Wasser verbraucht. Rund neun Millionen davon seien aus dem Grundwasser in Akbelen gewonnen worden und nun verloren, so Demir. Das Wasser der Staudämme werde auch zur Kühlung von drei Kohlekraftwerken in der Region benutzt. Diese müssten abgestellt und durch Solarenergie ersetzt werden, fordert er.
Der exzessive Wasserverbrauch durch Privatpools und Rasen sei ein weiteres hausgemachtes Problem. Rund 30 000 Pools gibt es nach Angaben der Gemeinde in Bodrum. Der Bürgermeister rief die Besitzer dazu auf, sie diesen Winter nicht zu leeren, sondern das gesäuberte Wasser wieder zu benutzen. Damit würden 4,5 Millionen Kubikmeter Wasser eingespart. Auf ein Verbot verzichtet die Gemeinde aber bislang.
Dass immer neue Brunnen gegraben werden, sei nur eine Übergangslösung und verschärfe auf lange Sicht das Problem, so Demir. Durch übermässige Entnahme von Grundwasser könne das Trinkwasser versalzen, fürchtet er. Spätestens dann würde Bodrum auch als Touristenstandort Schaden nehmen.