Harry und Meghan im Land der «Bratwurst Sausage»
Harry schaut immer noch ganz verliebt, wenn er Meghan an der Hand hält. Davon konnte man sich in den vergangenen Tagen in Düsseldorf zur Genüge überzeugen. Inmitten von Menschen und vor zahllosen Kameras zelebrierten H & M mit schöner Regelmässigkeit Momente der Zweisamkeit. Etwa wenn sie ihm die Hand auf die Schulter legte und etwas zuflüsterte oder wenn er sich zu ihr beugte und sie dann im nächsten Augenblick auflachte und ihn begeistert ansah.
Auch bei der Abschiedszeremonie für die Invictus Games am Samstagabend in der Merkur Spiel-Arena waren die beiden wieder zusammen, wobei es Meghan vorzog, Harry die Bühne allein zu überlassen. Möglicherweise spielte dabei der in der britischen Presse auch jüngst wieder geäusserte Vorwurf mit, sie versuche ihm bei jeder Gelegenheit die Schau zu stehlen.
Harry, einst Second Lieutenant Wales bei den Blues und Royals, dem zweitältesten Regiment der britischen Armee, meisterte seine Aufgabe bravourös. Nicht nur, dass er wieder einen Satz Deutsch sprach («Vielen Dank an alle Düsseldorfer und vielen Dank an Deutschland für diese fantastischen Spiele»), er erzählte auch eine anrührende Geschichte.
Es ging um einen kanadischen Soldaten, der in Afghanistan immer dann, wenn ein Kamerad gefallen war und im Sarg in die Heimat zurückgeflogen wurde, auf dem Dudelsack gespielt habe. 63 mal tat er das. Nach seinem Fronteinsatz brauchte er vier Jahre, bevor er das Instrument überhaupt wieder anfassen konnte. Aber jetzt, in Düsseldorf, war er in der Lage, dem Prinzen – der die melancholischen Dudelsack-Klänge liebt – etwas vorzuspielen. Harry kämpfte mit den Tränen, als er das erzählte.
Eine gute Woche hat der Prinz nun am Rhein verbracht, Meghan kam vier Tage nach ihm aus Kalifornien nach. Wer die beiden ein wenig aus der Nähe verfolgt hat, der bekam eine Ahnung davon, warum sie sich in die britische Königsfamilie nicht einfügen mochten: Dieses Golden Couple ist einfach nicht dafür geschaffen, die zweite Geige zu spielen. Es umringt sich mit einem eigenen Hofstaat von PR-Beratern, Assistenten und Sicherheitsleuten. Wo immer sich Harry und Meghan materialisieren, sind sie das Zentralgestirn eines eigenen kleinen Sonnensystems.
Harrys Familie heisst eigentlich Sachsen-Coburg und Gotha, «Windsor» ist eine Art Pseudonym, erfunden im Ersten Weltkrieg, um die deutschen Wurzeln zu camouflieren. Gern hätte man erfahren, wie die Heimat seiner Ahnen auf Harry gewirkt hat, aber er gab keine Pressekonferenzen und auch keine Interviews. Nur einmal, im «Aktuellen Sportstudio» des ZDF, hat der Hocharistokrat Fragen beantwortet, jedoch ausschliesslich zu den Invictus Games. Für eine neue Folge von «The Crown» reicht das nicht.
Aber Harry hat eben grosse Vorbehalte gegenüber den Medien. In seinen Memoiren «Reserve» beschreibt er die Phalanx von Fotografen und Reportern, die ihn schon sein ganzes Leben verfolge, als «die Mauer». Das «rhythmische Klicken» der Kameras, das «Gewitter von Klicks» – er hasst das demnach. Aber er weiss es ohne Zweifel auch für seine Zwecke zu nutzen.
Wie man weiss, hat Harry vor ein paar Jahren den Inselkoller bekommen und dem Intrigantenstadl bei Hofe den Rücken gekehrt. Egal wie man zu ihm steht, man muss anerkennen, dass der Rebellen-Prinz sehr gut darin ist, in kürzester Zeit eine emotionale Verbindung zu ihm unbekannten Menschen aufzubauen.
In einem fort legte er in Düsseldorf den kriegsversehrten Athletinnen und Athleten Medaillen um den Hals, nahm Teilnehmer in den Arm, plauderte, feixte. In «Reserve» beklagt er, dass insbesondere die ältere Generation seines royalen Familienclans «ein striktes Verbot jedweden Körperkontakts» aufrecht erhalte. «Keine Umarmungen, keine Küsse, keine Liebkosungen.» Davon hat er sich demonstrativ verabschiedet. Und auch Meghan hatte in Düsseldorf nichts Divenhaftes, sondern war mittendrin.
Das Bild, das von Harrys und Meghans rheinischer Woche wohl am meisten in Erinnerung bleiben wird, ist das von ihrem Besuch in einer Altstadtbrauerei am Vorabend seines 39. Geburtstags. Kein Luxusrestaurant, sondern ein zünftiges Wirtshaus. Dort assen sie – ohne vorherige Reservierung – in einem gut einsehbaren Bereich. Er habe «bratwurst sausage and Wiener Schnitzel» mit sechs Altbier heruntergespült, während sich Meghan (42) nur ein Bier genehmigt habe, berichtete die auflagenstarke Londoner «Daily Mail».
Man kann das als Anti-Establishment-Programm sehen und auch darin eine Botschaft vermuten. In seinen Memoiren schreibt Harry, er habe von seiner Mutter Prinzessin Diana ausser ihrer Nase und den blauen Augen auch «ihre Abneigung gegen Blasiertheit, Falschheit und alles Vornehme» geerbt. Das machte er während seines Deutschland-Aufenthalts wieder deutlich. Die «Times» titelte: «Prinz Harry feiert seinen Geburtstag in einer deutschen Kneipe, während sich der Palast in Schweigen hüllt». In den sozialen Netzwerken habe die Royal Family den Geburtstag konsequent ignoriert.
Apropos Düsseldorf: Hat es der Stadt etwas gebracht, die Spiele zu hosten? Ein gewisser Werbeeffekt wird wohl da sein, immerhin fand sich der komplizierte Name der NRW-Landeshauptstadt – meist ohne Ü-Punkte – in der vergangenen Woche weltweit in den Medien, von der «New York Post» bis zur «Hindustan Times». «Ich bin ein Düsseldorfer», hat Harry gesagt – das muss man doch irgendwie verwerten können. Vielleicht sind Harry und Meghan sogar karnevalisierbar: selbstklebender roter Vollbart für ihn, dunkle Perücke für sie – das könnte die Kostümidee der kommenden Saison werden.