Schweizer Wirtschaft hat im zweiten Quartal stagniert
Die Schweizer Wirtschaft spürt die Eintrübung der weltweiten Konjunktur immer stärker. Nach einem deutlichen Wachstum noch im ersten Quartal hat das BIP im zweiten Jahresviertel stagniert.
Die Wachstumsrate des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) in der Periode von April bis Juni 2023 lag bei 0,0 Prozent gegenüber dem Vorquartal, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Montag mitteilte. Auch auf sportevent-bereinigter Basis blieb das Wachstum unverändert. Und die Zahlen lagen auch unter den von AWP befragten Ökonomen-Schätzungen, die ein BIP-Wachstum von 0,1 bis 0,3 Prozent prognostiziert hatten.
Im ersten Quartal war die Wirtschaft noch klar gewachsen. Um die für die Schweiz wichtigen Sportanlässe bereinigt erreichte das BIP-Wachstum noch hohe +0,9 Prozent, wobei dieser Wert im Vergleich zur ersten Schätzung im Mai (+0,5%) nun deutlich nach oben revidiert wurde.
Industrie deutlich rückläufig
Vor allem in der Industrie bzw. im verarbeitenden Gewerbe war die Wertschöpfung nach einem positiven Jahresbeginn zwischen April und Juni dann aber klar rückläufig (-2,9%). Zum einen habe die chemisch-pharmazeutische Industrie ein deutliches Minus registriert (-2,3%), schreibt das Seco. Zum anderen laste das herausfordernde internationale Umfeld auf den konjunktursensitiven Industriebranchen wie jener des Maschinen- und Metallbaus.
Die spürte die hiesige Wirtschaft auch beim Export ihrer Güter, die weniger gefragt waren. Die Warenexporte waren laut den Seco-Zahlen nämlich breit abgestützt über Länder und Rubriken rückläufig (-1,2%).
Auch der Bausektor habe einen Dämpfer hinnehmen müssen, heisst es weiter. Getrieben durch rückläufige Umsätze in allen Segmenten ging die Wertschöpfung leicht zurück (-0,7%). Die Bauinvestitionen (-0,8) entwickelten sich ebenfalls leicht negativ.
Auf breiter Basis rückläufig waren ausserdem die Ausrüstungsinvestitionen (-3,7%). Dazu hätten massgeblich die Bereiche EDV, Forschung und Entwicklung sowie Fahrzeuge beigetragen, schreibt das Seco.
Hingegen stiegen sowohl der Staatskonsum (+0,1%) als auch der private Konsum (+0,4%). Insbesondere seien die privaten Konsumausgaben für Wohnen und Dienstleistungen ausgeweitet worden, namentlich in den Bereichen Gesundheit sowie Gastronomie und Beherbergung. Zusammen mit den weiter angestiegenen Zahlen der Gäste aus dem Ausland habe dies zu einem starken Wertschöpfungszuwachs im Gastgewerbe (+5,2%) beigetragen.
Stabilisierung im Finanzsektor
Im Bereich der Finanzdienste (0,0%) hat sich die Wertschöpfung nach mehreren Rückgängen in Folge und nach der Übernahme der CS durch die UBS stabilisiert. Insbesondere das Kommissionsgeschäft habe im Zuge gestiegener Finanzdienstleistungsexporte gewisse Erholungstendenzen gezeigt, heisst es.
Hingegen registrierte der Detailhandel (-0,4%) einen leichten Rückgang. Gestützt durch den Grosshandel und den Handel mit Automobilen habe für den Handel (+2,1%) insgesamt dennoch ein überdurchschnittliches Quartalsergebnis resultiert.
Der Aussenhandel trug laut den Seco-Zahlen im zweiten Quartal in der Summe positiv zum BIP-Wachstum bei. Dem Rückgang der Warenexporte standen gestiegene Dienstleistungsexporte (+2,6%) sowie rückläufige Importe von Waren und Dienstleistungen (-3,7%) gegenüber.
Analysten zeigen sich von den Zahlen nicht gross überrascht. «Die Schweiz kann sich von der schwachen konjunkturellen Entwicklung in den europäischen Nachbarländern nicht abkoppeln», heisst es etwa in einem Kommentar der VP Bank. Dazu sei die Schweiz als kleine offene Volkswirtschaft viel zu sehr von der Entwicklung im Ausland abhängig. Dies zeige sich etwa am Rückgang der Exporte und Ausrüstungsinvestitionen.
Die zuletzt veröffentlichten Frühindikatoren lassen zudem auch für das laufende und das kommende Quartal nicht allzu viel Gutes erwarten. Der sogenannte Einkaufsmanager-Index (PMI) ist im letzten Monat zwar ganz leicht gestiegen, war aber immer noch so tief wie zuletzt während der Pandemie-Rezession 2020. Sämtliche Subindikatoren waren unter der Wachstumsschwelle geblieben.