Tun, was zu tun ist – ohne viel Federlesens
In der Gemeinde Reichenburg wohnen momentan 77 Asylsuchende und Flüchtlinge. Das zu erfüllende Kontingent des Amts für Migration sieht zurzeit 65 Personen vor (80-Prozent-Regelung, 100 Prozent wären 75 Aufgenommene). «Wir sind heute in der glücklichen Lage, dass wir Lösungen für die Unterbringung gefunden haben», erzählt Gemeinderat Hanspeter Rast, Ressortleiter Gesundheit und Soziales.
Allerdings war noch im Herbst die Lage angespannt. Es galt, Flüchtlinge aufzunehmen, ohne den benötigten Raum zu haben. Bereits erörterte auch der Reichenburger Gemeinderat den Begriff «Ersatzabgaben», beziehungsweise dachte über eine Containerlösung auf dem Standort «Rössli» nach.
Doch dann wählte man kurzerhand eine andere Lösung: «Im Dezember 2022 konnten wir 24 Personen aufnehmen, welche in unserer Zivilschutzanlage wohnten. Das Kompaniebüro wurde in eine Wohnstube umfunktioniert. » Die Zivilschutzanlage liegt in Reichenburg ebenerdig, hat also zum Teil Tageslicht. Die Angekommenen hätten sich sehr dankbar gezeigt. Anwohner seien anfänglich misstrauisch gewesen, bald habe sich dies gelegt. «Wir wussten, dass dies nach Bundesvorgaben nur eine Übergangslösung sein kann.»
Eine Art Glücksfall «Hirschen»
Ab dem 1. Februar hat sich die Pacht des ehemaligen Hotels Hirschen angeboten. Von Mitte Februar bis Ende April wurden die Flüchtlinge umquartiert, einige wären gern in der Zivilschutzanlage geblieben. Zudem konnte eine weitere Wohnung zugemietet werden, sodass die Schutzbedürftigen – auch Personen der Sozialhilfe – in insgesamt 11 privaten Liegenschaften und einer Gastfamilie wohnen.
Die Mietobjekte sind im ganzen Dorf verteilt. Aktuell wohnen im ehemaligen Bürgerheim Ebnet 23 Asylanten, Männer als Einzelpersonen sowie Familien; im Hirschen sind 13 Personen, ebenfalls Männer, wobei im Halbanbau des Hirschens noch zusätzlicher Wohnraum frei wird; das alles «zu sehr fairen Mietpreisen», wie Rast betont. Darum fürchtet man die weitere Entwicklung der Asylsituation vorläufig nicht: «Vor Kurzem wurden wir informiert, dass Gemeinden bis Jahresende bereit sein müssen, 100 Prozent des Verteilschlüssels aufnehmen zu können », fügt Rast an.
Neue Migrationsbeauftragte
Seit Dezember 2022 arbeitet Daniel Huber aus Schübelbach als Flüchtlingsbetreuer in einem 40-Prozent-Pensum. Er ist zuständig für die Einrichtung, Unterbringungsform, die Organisation von Ein- und Umzügen und die Einteilung der Schutzsuchenden, kurz gesagt, unterstützt er die Integration ins Alltagsleben (siehe «Kopf des Tages», Seite 3).
Hingegen verlässt Carmen Gisler
nach 13/4 Jahren ihre Führungsaufgabe in der Sozialberatung Asyl und Flüchtlinge, um im Bündnerland eine neue Arbeit anzutreten. Neu ist Elvan Göktas die Migrationsbeauftragte.
«Es braucht bei unserer Tätigkeit auch Fingerspitzengefühl, denn es gibt beispielsweise Nationen, die aus nachvollziehbaren Gründen nicht gern nahe zusammenleben», erklärt Rast weiter.
Doch mit etwas Zureden könne man bewusst machen – beispielsweise den Türken und den Kurden –, dass man einem Zusammenwohnen unter demselben Dach mindestens eine Chance geben kann. Er stellt klar, dass die Arbeit im Asylwesen Reichenburg kompetent und zweckmässig sein muss, nicht aber auf jede Befindlichkeit Rücksicht nehmen kann.
Flüchtlinge bleiben länger
Das Zusammenleben mit der Bevölkerung funktioniere gut.«Das ist der dezentralen Unterbringung und der regelmässigen Information an die Einwohner zu verdanken»,ist Rast der Meinung. Flücht
lingen Denn «die Arbeit mit Flüchtlingen » sei immer langfristig: «Wer einmal Reichenburger Genossame-Wasser trinkt, wird dies auch noch in einigen Jahren tun», lautet eine seiner öfter gehörten Aussagen. Dabei kann auch viel Gutes passieren, wie etwa die drei Lehrabschlüsse von jungen Asylsuchenden diesen Sommer.
SVP-Gemeinderat Hanspeter Rast macht aber auch keinen Hehl aus seiner Gesinnung: «Den Schutzbedürftigen müssen wir entsprechend dem humanitären Auftrag helfen, das ist keine Frage. Aber es gibt zu viele Wirtschaftsflüchtlinge, die aus unterschiedlichsten Gründen hier sind, nicht aber weil sie verfolgt wurden. Darum bin ich für eine kontrollierte Zuwanderung. »
Alle Ausserschwyzer Gemeinden beherbergen Flüchtlinge und Asylsuchende. Am Beispiel Reichenburg zeigt unsere Zeitung auf, wie die örtliche Unterbringung organisiert ist und sich aktuell zeigt.